Ziele in Russland: Ukraine weitet Drohnen-Krieg massiv aus

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    Angriffe auf Ziele in Russland:Ukraine startet neue Stufe im Drohnen-Krieg

    Autorenfoto Nils Metzger
    von Nils Metzger
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    Die Ukraine weitet ihre Drohnenangriffe im russischen Hinterland aus. Fliegende Bomben treffen russische Flugzeuge und Fabriken. Es kann der Start einer großen Angriffswelle sein.

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    Der Drohnen-Krieg hat eine neue Dimension erreicht. Immer häufiger gelingt es der Ukraine, Ziele tief in Russland anzugreifen und schweren Schaden anzurichten. In der Nacht auf Mittwoch steuerten ukrainische Drohnen zeitgleich Ziele in sechs verschiedenen Regionen Russlands an. Es war der größte derartige Angriff seit Beginn des Ukraine-Kriegs.

    Welche Ziele greift die Ukraine in Russland an?

    Als im Frühjahr 2023 die ersten ukrainischen Kampfdrohnen in Moskau einschlugen, ging es vor allem um einen psychologischen Effekt. Russland sollte bloßgestellt und der Krieg ins Herz der russischen Gesellschaft getragen werden. Solche Angriffe, auch auf Wohn- und Geschäftshäuser in der Hauptstadt, dauern an. Regelmäßig muss deshalb etwa der zivile Flugverkehr eingestellt werden.
    In dieser Woche gerieten auch militärische Ziele tief im russischen Hinterland ins Visier. Darunter war eine Luftwaffenbasis im Oblast Pskow nahe der russischen Grenze zu Estland und über 600 Kilometer von der Ukraine entfernt. Nach ukrainischen Angaben wurden dabei vier schwere Transportflugzeuge vom Typ IL-76 zerstört. Erste Satellitenaufnahmen bestätigten am Mittwoch Schäden an mehreren Flugzeugen. Auch ein Video einer der brennenden Maschinen kursiert in den sozialen Medien. Erst vergangene Woche hatte ein ukrainischer Angriff auf eine andere Luftwaffenbasis einen russischen Bomber vom Typ Tu-22M3 zerstört.
    Video einer brennenden Transportmaschine in Pskow
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    Auch die russische Rüstungsindustrie ist ein Ziel. In der Region Brjansk schlugen Drohnen im Werk eines Herstellers für Mikroelektronik ein. Das stellt das russische Militär vor die Herausforderung, ob es zusätzliche Kräfte für den Schutz von Fabriken abstellt. Mit den Städten Tula und Lipezk liegen zumindest manche Zentren der russischen Schwerindustrie in Reichweite der ukrainischen Drohnen. Die wichtigsten russischen Panzerwerke hingegen stehen seit dem Zweiten Weltkrieg tief im Ural und damit außerhalb der ukrainischen Schlagdistanz.

    Welche Drohnen setzt die Ukraine ein?

    Wie bei nahezu allen Waffengattungen setzt die Ukraine auch bei Kampfdrohnen eine bunte Mischung aus allem ein, was gerade verfügbar ist. Welche Drohnen bei der Operation in dieser Woche zum Einsatz kamen, ist nicht bekannt. Jedoch lassen in den vergangenen Monaten in Russland gefundene Trümmer Rückschlüsse zu.
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    Darunter sind etwa Drohnen des australischen Herstellers Sypaq. Das Besondere: Sie sind größtenteils aus Pappe gefertigt und kosten nur wenige Tausend Euro pro Stück. Der ukrainische Botschafter in Australien, Vasyl Myroshnychenko, bestätigte etwa, dass solche Papp-Drohnen bei einem Angriff auf den Luftwaffenstützpunkt in Kursk erfolgreich zum Einsatz kamen.
    Die Ukraine setzt auch auf Eigenentwicklungen, etwa die fliegenden Bomben vom Typ "Biber", die einige Kilogramm Sprengstoff bis zu 1.000 Kilometer weit tragen können.

    Wie viele Drohnen produziert die Ukraine selbst?

    Ende August kündigte Brigadegeneral Yuriy Shchyhol, Chef der ukrainischen Cyber-Abwehr, einen massiven Ausbau des Drohnen-Programms an. Im laufenden Jahr wolle die Ukraine rund 200.000 Kampfdrohnen kaufen oder selbst herstellen. Umgerechnet 617 Millionen Euro habe man bereits für die Produktion von 22.000 Angriffsdrohnen ausgegeben, rund eine Milliarde Euro seien für die Entwicklung eigener Drohnen-Technologie im Haushalt bereitgestellt.

    Die Ukraine ist in den letzten Jahren und insbesondere seit Beginn des Krieges zu einer Drohnenmacht geworden.

    Ulrike Franke, European Council on Foreign Relations

    Für die Drohnen-Expertin Ulrike Franke vom European Council on Foreign Relations ist ein Vorteil der ukrainischen Drohnen-Entwicklung, dass ihre Systeme direkt kampferprobt sind: "Während in anderen Ländern Drohnensysteme entwickelt werden, und dann vielleicht nach vielen Jahren in einer militärischen Operation eingesetzt werden, geht das in der Ukraine direkt", sagte Franke am Donnerstag im Deutschlandfunk. Das Militär würde seine Erfahrungen an die Hersteller zurückmelden, die Drohnen dann direkt verbessern könnten.
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    Welche Gegenmaßnahmen ergreift Russland?

    Allein im August habe es laut britischem Militärgeheimdienst etwa 25 Drohnenangriffe auf russisches Gebiet gegeben. "Russland wird wahrscheinlich seine Flugabwehrstellung in der Gegend zwischen der Ukraine und Moskau überdenken, um besser mit den Angriffen umzugehen", so die britische Analyse von Donnerstag. Die Angriffe offenbarten die Schwächen der russischen Flugabwehr.
    In Reaktion auf die ersten Angriffe auf Moskau hatte Russland bereits Flugabwehrstellungen auf mehreren Gebäuden in der Stadt positioniert. Russische Behörden vermelden regelmäßig Abschüsse ukrainischer Drohnen, dennoch dauern die Luftschläge in der Hauptstadt an. Selbst auf stark befestigte Militärstandorte auf der Krim waren Drohnenangriffe bis zuletzt möglich - das zeigt, dass die russische Flugabwehr offenbar nur begrenzt in der Lage ist, diese kleinen Ziele rechtzeitig zu bekämpfen. Russland könnte gezwungen sein, besonders verwundbare Ziele wie Flugzeuge immer weiter von der Front weg zu verlegen.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

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