Von diesem EU-Gipfel sollte die Botschaft der Geschlossenheit und Entschlossenheit ausgehen, die Ukraine mehr und schneller zu unterstützen. Wie stark ist das Signal an Putin?
In Brüssel geht es am zweiten Tag des EU-Gipfels unter anderem um Hilfe für die europäische Landwirtschaft. Zudem werden höhere Zölle auf russisches Getreide gefordert.22.03.2024 | 0:19 min
Um Geschlossenheit zu signalisieren, wurde man sich beim EU-Gipfel ungewöhnlich schnell einig, Zinserträge aus eingefrorenem russischem Vermögen für die Ukraine zu verwenden. Aber wie stark ist das Signal?
Dringlichkeit ist allen in Brüssel klar
Im Brüsseler Europaviertel wurde gestern der Finger in die Wunde gelegt: "Wir können nicht bis morgen auf Waffen warten, denn ein Morgen wird es vielleicht nicht geben" war auf einem Plakat einer kleinen Demo für mehr Ukraine-Hilfe zu lesen. Die Botschaft richtete sich an die Staats- und Regierungschefs, die ein paar Meter weiter zusammensaßen.
Die Dringlichkeit war durchaus allen klar. So sagte die estnische Premierministerin Kaja Kallas vor Beginn des Gipfels:
Russisches Vermögen soll angezapft werden
Deshalb will die EU mit mehr Waffen und Munition helfen und dafür nun auch eingefrorene russische Vermögen nutzen. Insgesamt sind in der EU rund 210 Milliarden Euro staatliches russisches Vermögen eingefroren. Die Zinserträge daraus sollen abgeschöpft werden. Schätzungen zufolge würden so rund drei Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung stehen.
Die EU nutzt russische Zinserträge für Ukraine-Hilfe: "Ursula von der Leyen sprach davon, dass bereits im Juli die erste Milliarde verwendet werden kann", berichtet ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers.22.03.2024 | 2:57 min
Nachdem lange darüber diskutiert wurde, sind sich alle soweit einig. Rechtlich sei das möglich, da es "um die Erträge [geht], die verwendet werden können, die niemandem zustehen und deshalb von der EU verwandt werden können", so Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel.
Wiederaufbau oder Waffen?
Aber wie immer geht es am Ende um die Details. In diesem Fall darum, wofür genau diese drei Milliarden Euro pro Jahr eingesetzt werden sollen. Ursprünglich wurde diskutiert, das Geld für den Wiederaufbau der Ukraine zu nutzen. Im Vorschlag der Kommission heißt es allerdings, 90 Prozent des Geldes soll für Waffen und Munition für die Ukraine verwendet werden.
Das war für viele EU-Staaten wohl einer der Gründe, von einer ursprünglich skeptischen Haltung Abstand zu nehmen - wie auch Deutschland. Denn dass der Ukraine Waffen und Munition fehlen, ist bekannt.
Die EU-Regierungschefs tagten in Brüssel, dabei ging es natürlich auch um weitere Ukraine-Unterstützung. Kommt sie schnell genug, Ulf Röller?21.03.2024 | 1:15 min
Und so verkündete die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestern Abend auch, dass sie froh sei, dass man sich geeinigt habe, die Zinserträge "für Waffenlieferungen an die Ukraine" zu nutzen. Doch der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer goss kurz darauf Wasser in den Wein.
Man habe sich lediglich darauf geeinigt, "dass mit den Gewinnen etwas Gutes geschehen soll". Für ihn und einige andere heiße das, dass möglichst viel des Geldes in den Wiederaufbau der Ukraine fließe.
Das Signal des EU-Gipfels: Eher "ja, aber langsam"
Es muss also zunächst weiter verhandelt werden. Wenn es schnell gehe, könne man im Juli bereits die erste Milliarde verwenden, so die EU-Kommissionspräsidentin. Wenn. Und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der zugeschaltet war, forderte nicht nur mehr Schnelligkeit, sondern auch noch mehr Geld:
In der EU sind sich da bisher alle einig: die Vermögenswerte selbst sollen nicht angefasst werden. Der luxemburgische Premier Luc Frieden etwa sagte in Brüssel:
Innerhalb der G7-Staaten wird das aber bereits diskutiert. Und so muss die EU zunächst noch ihre internen Diskussionen abschließen, während die nächste schon wartet. Derweil behalten die Demonstranten mit ihren Plakaten wohl recht: Die EU bleibt langsam in ihren Entscheidungen. Vielleicht zu langsam?
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.