Netanjahu entschuldigt sich für Kritik an Geheimdiensten

    Kritik an Israels Geheimdiensten:Netanjahu entschuldigt sich für Vorwürfe

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    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte den Geheimdiensten vorgeworfen, ihn nicht vor dem Hamas-Angriff gewarnt zu haben. Nach heftiger Kritik ruderte er nun zurück.

    Israel, Tel Aviv: Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, spricht während einer Pressekonferenz in der Militärbasis Kirya.
    Israels Premier Benjamin Netanjahu teilte gegen die Geheimdienste aus - und muss sich nun dafür entschuldigen.
    Quelle: dpa

    Wer trägt die politische Verantwortung dafür, dass Israel nicht auf den grausamen Großangriff der Terrororganisation Hamas vorbereitet war? Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht massiv unter Druck - und musste sich nun für eine heftige Kritik an Israels Geheimdiensten öffentlich entschuldigen.

    Ich hab mich geirrt. Dinge, die ich nach der Pressekonferenz gesagt habe, hätten nicht gesagt werden dürfen, und ich entschuldige mich dafür. Ich gebe allen Chefs der Sicherheitskräfte volle Unterstützung.

    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag

    In einer Pressekonferenz am Samstag und einem anschließenden Post auf der Plattform X hatte Netanjahu davon gesprochen, "unter keinen Umständen und zu keinem Zeitpunkt" von den kriegerischen Absichten der Hamas gewarnt worden zu sein. "Im Gegenteil, alle Sicherheitsvertreter, einschließlich des Militärgeheimdienstchefs und des Chefs von Schin Bet waren der Einschätzung, dass die Abschreckung gegen die Hamas wirkt und diese eine Verständigung anstrebt", so Netanjahu in der inzwischen gelöschten Nachricht.
    Israelische Militärfahrzeuge
    Israelische Streitkräfte führen weiterhin Angriffe auf Stellungen der radikal-islamischen Hamas aus. Israels Premier Netanjahu rechnet damit, dass die Kämpfe noch lange andauern.29.10.2023 | 0:21 min

    Welche Kritik gibt es nun an Netanjahu?

    Israels Oppositionsführer Jair Lapid und sogar Netanjahus Koalitionspartner Benny Gantz hatten ihm daraufhin vorgeworfen, den Streitkräften im Kampf gegen die Hamas in den Rücken zu fallen.

    Netanjahu hat heute Abend eine rote Linie überschritten. Während IDF-Kämpfer und Kommandeure tapfer gegen Hamas und Hisbollah kämpfen, versucht er, ihnen die Schuld zu geben, anstatt sie zu unterstützen.

    Oppositionsführer Jair Lapid

    Benny Gantz, der auch Minister in Netanjahus Kriegskabinett ist, hatte seinen Premier am Sonntag dazu aufgefordert, seine Äußerungen zurückzunehmen.
    SGS Michael Bewerunge
    Israels Premier habe noch keine Verantwortung für das Versagen der Sicherheitskräfte am 7. Oktober übernommen. Und das, so ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge, habe einen Grund.29.10.2023 | 2:26 min

    Um welche Warnungen vor einem Angriff geht es?

    Ein Journalist des israelischen Armeesenders hatte Netanjahu bei der Pressekonferenz am Samstagabend auf angebliche Warnungen in den Tagen und Wochen vor dem Terrorangriff angesprochen. Der Journalist hatte gesagt, Netanjahu habe vor dem Massaker vom israelischen Militärgeheimdienst und dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet Dokumente erhalten, die vor einer wachsenden Kriegsgefahr gewarnt hätten. Er fragte den Regierungschef, ob er diese Briefe ignoriert habe.
    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
    ZDFheute Infografik
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    Zuvor hatten auch mehrere israelische und internationale Medien über Warnungen ägyptischer Behörden an Israel berichtet. Die israelische Zeitung "Jedi’ot Acharonot" hatte etwa von einem Anruf des ägyptischen Geheimdienst-Chefs Abbas Kamel direkt bei Netanjahu Ende September berichtet. Auch der US-Politiker Michael McCaul, Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, sagte vor rund zwei Wochen, Ägypten habe Israel drei Tage vor dem Angriff offiziell gewarnt.
    ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge, zugeschaltet aus Sderot, im Gespräch mit Moderatorin Barbara Hahlweg im Studio.
    Gepanzerte Fahrzeuge des israelischen Militärs sind im Gazastreifen im Einsatz. Ist das die erwartete Bodenoffensive? Einschätzungen von ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge. 28.10.2023 | 2:17 min

    Übernimmt Netanjahu politische Verantwortung?

    Anders als führende Repräsentanten von Militär, Geheimdienst und Verteidigungsminister Joav Galant weigert Netanjahu sich bisher, eine persönliche Verantwortung für das Sicherheits-Desaster vom 7. Oktober einzugestehen. Umfragen zufolge fordern das selbst 69 Prozent der Anhänger seiner Likud-Partei und 80 Prozent der gesamten israelischen Öffentlichkeit. Zwar gab Netanjahu in den vergangenen drei Wochen eine Reihe von Ansprachen, stellte sich jedoch kaum den kritischen Fragen von Journalisten.
    Die Kritik an Netanjahus jüngsten Aussagen war auch deshalb besonders heftig, weil der Premier zuvor darauf verwiesen hatte, sich der Frage nach seiner persönlichen Verantwortung erst nach dem Krieg gegen die Hamas stellen zu wollen: "Nach dem Krieg muss jeder Antworten auf schwierige Fragen geben. Das schließt mich ein. Gerade ist meine Aufgabe, das Land zu retten", so Netanjahu am Mittwoch. Dass er sich nun doch äußerte, nur um die Schuld bei anderen zu suchen, dürfte ihn weiteren politischen Rückhalt gekostet haben.

    Eskalation in Nahost
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    Mit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert. Israel greift infolge der Terrorattacke Ziele im Gazastreifen an. Aktuelle News im Blog.
    Menschen in einem Flüchtlingscamp im Gazastreifen
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    Quelle: ZDF, dpa

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