Koalitionsausschuss trifft sich: Ampel sucht Haushaltslösung

    Koalitionsausschuss trifft sich:Ampel ringt um Haushaltslösung

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    Wenn sich am Abend der Koalitionsausschuss trifft, dürfte es um den Haushalt gehen. Was die größten Baustellen sind und welche Vorschläge es gibt - ein Überblick.

    SGS Buchwald
    Am Mittwochabend trifft sich der Koalitionsausschuss in Berlin. Die Spitzen der Ampel-Parteien wollen mit Kanzler Scholz konkret werden in der Planung des Bundeshaushalts für 2024.29.11.2023 | 1:52 min
    Finanzminister Christian Lindner hat seine Ampel-Kollegen schon auf "erhebliche Kraftanstrengungen" eingestimmt. Vor der Aufstellung eines verfassungsfesten Haushalts für 2024 müssten intensive Diskussionen geführt werden, "die nicht immer einfach sein werden", warnte der FDP-Chef. An diesem Mittwochabend treffen sich die Spitzen der Ampel nun mit Kanzler Olaf Scholz (SPD).
    Formal ist der Koalitionsausschuss schon länger terminiert, doch das Karlsruher Haushaltsurteil dürfte die Tagesordnung umschmeißen. Denn noch immer ist offen und heftig umstritten, welche Konsequenzen die Regierung aus dem Richterspruch zieht. Das betrifft vor allem den Etat für das kommende Jahr sowie milliardenschwere längerfristige Investitionen in den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft. Zehntausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, warnen Koalitionäre.
    Olaf Scholz
    Die Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz im Bundestag sollte eigentlich zeigen, wie die Koalition nun den Bundeshaushalt gestalten will - viel Erkenntnis gab es aber nicht.29.11.2023 | 2:35 min

    Problem 1: Intel-Milliarden, Heizungsförderung, Klimafonds

    Seit dem Urteil fehlen der Bundesregierung 60 Milliarden Euro, die schon fest für Investitionen in den kommenden vier Jahren eingeplant waren. Damit sollten unter anderem die Milliardenförderung für Chipfabriken von Intel und TSMC, die Förderung für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen, die Sanierung der Bahn, Ladeinfrastruktur für Elektroautos und viele andere Projekte finanziert werden.

    Das steht fest:

    • Rechtsverbindlich zugesagte Mittel können 2024 fließen, weil der Fonds eigene Einnahmen und genug Geld hat.
    • Bei der Heizungsförderung soll erstmal nicht gekürzt werden.
    Geplante Ausgaben der Bundesregierung für 2024
    ZDFheute Infografik
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    Doch was ist mit dem Rest? Die Vorhaben beträfen den "wirtschaftlichen Kern Deutschlands", warnt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Union schlägt vor, die Heizungsförderung rückabzuwickeln. Eine Möglichkeit wäre auch, über Steuererhöhungen mehr Einnahmen zu generieren - was aber die FDP rigoros ablehnt.
    Robert Habeck und Olaf Scholz
    Der Ampelregierung fehlen 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz, nachdem das Bundesverfassungsgericht den Nachtragshaushalt 2021 für nichtig erklärt hat. 28.11.2023 | 8:48 min

    Problem 2: Milliardenloch im Etat 2024

    Das Urteil betrifft nicht nur den Klimafonds, es hat über Umwege auch ein Milliardenloch in den Etat für 2024 gerissen. Insgesamt muss die Koalition wohl knapp unter 20 Milliarden Euro zusammenkratzen. Das liegt vor allem daran, dass die Bundesregierung den Sondertopf für die staatlichen Energiepreisbremsen auflösen muss, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).
    Zinszahlungen daraus kommen nun auf den Kernhaushalt zu, ebenso Hilfen für Flutopfer, die bisher aus einem Sondervermögen gezahlt wurden. Außerdem muss die Regierung schon im laufenden Jahr tiefer in ihre während der Flüchtlingskrise aufgebaute Rücklage greifen. Diese Milliarden fehlen 2024 ebenfalls.
    Friedrich Merz
    Unionsfraktionsvorsitzender Friedrich Merz übt scharfe Kritik an der Haushaltspolitik der Ampel-Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz.28.11.2023 | 0:24 min
    Die WSF-Auflösung hat konkrete Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Energiepreisbremsen laufen Ende des Jahres aus und nicht erst wie geplant Ende März. Auch wenn die Preise inzwischen deutlich gesunken sind - die Bundesregierung hatte die Verlängerung der Bremsen als Versicherung gegen unerwartete Risiken bezeichnet.
    Höhere Strompreise könnten auch aus anderem Grund auf die Bürger zukommen: Eigentlich hatte der Bund einen Zuschuss von bis zu 5,5 Milliarden Euro zu den Netzentgelten geplant. Das Problem: Dieser Zuschuss sollte aus dem WSF finanziert werden. Kommt das Geld nun aus dem Kernhaushalt?
    Berlin: Der Schriftzug "Bundesministerium der Finanzen" ist außen am Gebäude des Bundesfinanzministeriums zu lesen.
    Nach der Haushaltssperre stellen sich viele Fragen.21.11.2023 | 2:06 min
    Scholz hat angekündigt, Schwerpunkte zu setzen und "natürlich auch Ausgaben zu beschränken". Doch was wegfallen soll, ist offen. Die Union dagegen hat schon eine Streichliste. Darauf: Bürgergeld, Kindergrundsicherung, Sozialleistungen. Das lehnen SPD und Grüne ab. Grüne wollen dagegen an aus ihrer Sicht klimaschädliche Subventionen ran, etwa steuerliche Vergünstigungen für Dienstwagen.

    Problem 3: Grundsatzentscheidung zur Schuldenbremse

    Direkt nach dem Karlsruher Urteil flammte eine Debatte zur Zukunft der Schuldenbremse auf. Viele Politiker von SPD und Grünen plädieren für eine Reform, so dass der Staat für wichtige Investitionen mehr Kredite aufnehmen darf.
    Schaltgespräch Kastrop
    Die Schuldenbremse hält deren Architekt Christian Kastrop, Professor an der FU Berlin, weiter für sinnvoll. Sie könnte aber an heutige Bedürfnisse angepasst werden, so der Experte.28.11.2023 | 5:46 min
    Auch Ökonomen halten das für sinnvoll, sogar einzelne Ministerpräsidenten der CDU zeigten sich offen. Die FDP jedoch besteht bislang darauf, die Regelung im Grundgesetz nicht anzutasten. Genauso sieht das CDU-Chef Friedrich Merz.

    Problem 4: Nicht viel Zeit vor Weihnachten

    Die Ampel-Koalition muss sich festlegen, wann der Etat für 2024 beschlossen werden soll. In diesem Jahr - was üblich wäre - bleibt nicht mehr viel Zeit. Der Bundesrat tagt regulär nur noch am 15. Dezember. Vor allem die SPD-Fraktion drängt aber auf einen schnellen Beschluss. Hintergrund ist, dass Mittelkürzungen für Sozialverbände und andere Gruppen mit dem Etatbeschluss zurückgenommen werden sollten.
    Liegt zu Jahresbeginn kein Bundeshaushalt vor, greift die sogenannte vorläufige Haushaltsführung. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.
    Prof. Veronika Grimm | Wirtschaftsweise
    "Da müsste auch jeder Koalitionspartner etwas geben - bei Sozialem, beim Klima, bei Steuererleichterungen", skizziert die Wirtschaftsweise Prof. Veronika Grimm mögliche Lösungen.29.11.2023 | 6:49 min

    Vorschläge der Wirtschaftsweisen Grimm

    Im ZDF-Morgenmagazin hat die Wirtschaftsweise Professor Veronika Grimm Vorschläge für die Koalition, wie Geld eingespart werden könnte. Ihre Idee: Das Problem dreistufig angehen.
    Grimm: "Zum einen könnte man die Klimapolitik neu aufstellen." Konkret hieße das:

    Stärker auf die CO2-Bepreisung setzen, das generiert auch Einnahmen für den Klima- und Transformationsfonds, in dem ja jetzt die 60 Milliarden Euro wegfallen.

    Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung

    Und auf der Basis könne man dann auch mit weniger Forderungen auskommen, meint die Sachverständige.
    Ein zweites Element könnte sein, dass man priorisiere, dass man prüfe, wo eingespart werden könne. Wichtig ist dabei ihrer Meinung nach: "Da müsste auch jeder Koalitionspartner etwas geben, also bei Sozialem, bei Klima, bei Steuererleichterungen." Nach Ansicht der Wirtschaftswissenschaftlerin gibt es auch vielfältige Möglichkeiten. Ihre Beispiele:

    Man hat ja stark auf Förderung gesetzt in der Klimapolitik. Bei der Rente könnte man schauen, da gibt es schon seit langem Reformbedarfe. Die könnte man endlich angehen.

    Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung

    Aber Grimm hat noch mehr auf ihrer Vorschlagsliste: Beim Abschreiben von Handwerkerleistungen von der Einkommenssteuer oder anderen Steuervergünstigungen, "da könnte man ansetzen und auch noch etwas Raum schaffen im Haushalt."
    Quelle: dpa

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