Bundestag-Generaldebatte: Scholz vs Merz - Empörung über AfD

    Generaldebatte im Bundestag:Scholz vs. Merz - und viel Empörung über AfD

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Der Druck auf Kanzler Scholz war groß: schlechte Umfragewerte, miese Stimmung in der Ampel. In der Generaldebatte des Bundestags schlug er zurück. CDU-Chef Merz? Sei eine "Mimose".

    Kanzler Scholz kritisiert die Opposition während der Generaldebatte im Bundestag.
    Es herrscht weiter Streit in der Haushaltsfrage. Kanzler Scholz und Oppositionsführer Merz warfen sich gegenseitig vor, Reformen in Deutschland zu verhindern.31.01.2024 | 1:53 min
    Was ist die Antwort auf die hohen Umfragewerte der AfD? Und der niedrigen der Ampel-Parteien? Und was ist die Antwort darauf, dass die Pläne von Rechtsextremen und die Verstrickung der AfD die Menschen auf die Straße treibt? Unter den Parteien im Bundestag zeichnen sich verschiedene Strategien ab, ob mehr oder weniger Zusammenarbeit ein Weg sein könnte.
    Jedenfalls war das aus den Reden zur Generaldebatte am Mittwoch herauszulesen. Die Union blockt, die Grünen werben, die AfD stänkert so sehr gegen alle, dass sogar die CSU die Ampel-Koalition verteidigt. Und der Bundeskanzler kämpft.
    Final session on the 2024 federal budget in the German Bundestag
    In der Generaldebatte der Haushaltsberatungen im Bundestag waren sich vor allem zwei uneinig: Oppositionsführer Merz und Bundeskanzler Scholz. Nicht jedoch beim Umgang mit der AfD.31.01.2024 | 2:56 min

    Merz: Wir sind grundsätzlich anderer Meinung

    Oft war Olaf Scholz (SPD) vorgehalten worden, seine Reden seien zu abgehoben, zu fern von dem, was die Menschen bewegt. Diesmal, zur traditionellem Aussprache über den Kanzleretat und seiner Regierungspolitik, legt er so los, dass seine SPD-Fraktion jubelt und alle Ampel-Parteien kräftig klatschen. Die Kritik auch aus den eigenen Reihen war in den vergangenen Wochen nicht zu überhören. Auch darum ging es in der heutigen Debatte.
    SGS Banerjee
    Die Aufstellung des Haushalts für 2024 war ein Kraftakt. Was das angesichts schlechter Wirtschaftsprognosen für zukünftige Haushalte bedeutet, weiß Shakuntala Banerjee.30.01.2024 | 1:32 min
    Scholz arbeitete sich vor allem an Unions-Fraktionschef Friedrich Merz ab, der vor ihm gesprochen hatte. Merz hatte der Ampel-Regierung in allen Bereichen eine falsche Politik vorgeworfen. CDU und CSU seien "vollkommen anderer Meinung". Und zwar "nicht nur in Details, sondern in Grundsätzen", so Merz. Deswegen habe man keine Änderungsanträge beim aktuellen Haushalt gestellt.

    Wenn Sie die Jacke unten falsch einknöpfen, dann diskutieren wir nicht mit Ihnen, wie groß oben denn das Loch im letzten Knopf sein sollte.

    Friedrich Merz, CDU-Chef

    Kanzler Scholz könne sich die Angebote an die Opposition zusammenzuarbeiten "sparen", so Merz. Er begründete das mit dem Sondervermögen der Bundeswehr. Nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine hatte die Union mit der Ampel für eine Grundgesetzänderung gestimmt, damit für die Bundeswehr ein Sondervermögen in Höhe von 100 Millionen Euro festgeschrieben werden konnte. Laut Merz habe sich die Koalition danach nicht mehr an Abmachungen gehalten.
    Bundeskanzler Scholz in der Generaldebatte
    Die Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz in der Generaldebatte.31.01.2024 | 26:51 min
    Sollte etwa wegen höherer Kosten für den Ukraine-Krieg das Aussetzen der Schuldenbremse nötig werden, müsste wieder die Union zustimmen. "Damit können Sie nicht rechnen", machte Merz klar. Wohl auch nicht, um die Schuldenbremse selbst zu reformieren. Denn, so Merz, die Aufgaben des Staates seien möglich, "ohne neue Abgaben und ohne neuen Schulden".
    Menschen auf einer Demonstration gegen rechts.
    In Deutschland sind Hunderttausende auf die Straße gegangen – um gegen Rechtsextremismus und auch die AfD zu demonstrieren. Was motiviert die Menschen? 31.01.2024 | 2:11 min

    Scholz: Merz ist eine "Mimose"

    Kanzler Scholz feuerte zurück: Merz' Rede habe "nichts" mit der Zukunft des Landes zu tun. Die Ampel habe den höchsten Beschäftigungsstand, noch nie seien so viele Menschen erwerbstätig. Man habe die Menschen steuerlich entlastet und mit der Garantie des Renteneintrittsalters für sozialen Frieden gesorgt.
    Auch bekämpfe man die Migration, indem zum Beispiel mit den Ländern die Bezahlkarte für Asylbewerber gerade auf dem Weg gebracht habe. Genau das hatte Merz zuvor kritisiert. "Offenbar lesen Sie zu wenig Zeitung und sprechen auch zu wenig mit ihren CDU-Ministerpräsidenten."
    Oppositionsführer Merz eröffnet Generaldebatte
    Rede von Friedrich Merz in der Generaldebatte.31.01.2024 | 23:56 min
    Das sei der Grund, so Scholz, warum Merz nicht mehr beim Deutschlandpakt mitmachen wolle: Damit die Union weiter die Migrationspolitik kritisieren könne. Obwohl die Ampel mit den CDU-Ministerpräsidenten doch schon längst kooperiere. Dann, so Scholz, könne man ja nicht mehr sagen, alles laufe schief:

    So eine Hasenfüßigkeit, vor der eigenen Verantwortung davonzulaufen, das habe ich noch nicht erlebt, Herr Merz. So viel Feigheit vor der eigenen Courage habe ich noch nie gesehen.

    Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler

    Es sei ja das gute Recht der Opposition, die Bundesregierung zu kritisieren, räumte Scholz ein. Aber wenn es dann mal umgekehrt sei, dann sei Merz "eine Mimose". Scholz sagte zu Merz: "Wer boxt, sollte kein Glaskinn haben. Aber Sie haben ein ganz schönes Glaskinn."
    Bezahlkarte-Asylbewerber
    Statt Bargeld, sollen Asylbewerber eine Bezahlkarte erhalten. Damit kann eingekauft, aber kein Bargeld abgehoben und nicht überwiesen werden. Im zwei Landkreisen in Thüringen wird die Karte bereits eingesetzt.31.01.2024 | 1:54 min

    AfD: "Steuerfinanzierte Denunziation"

    Zwischen Scholz und Merz dürfte es demnach schwer werden. Zumindest, wenn es um die Haushalts-, Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitspolitik geht. Gegen die AfD ist man sich einiger. "Wer schweigt, macht sich mitschuldig", so Scholz. Deswegen sei er "sehr froh" über die vielen Demonstrationen derzeit im Land.
    Merz kritisierte ebenfalls die AfD: "Genug ist genug." Die AfD sei nicht die Alternative, sondern "der Abstieg für Deutschland".
    Da hatte AfD-Chefin Alice Weidel ihren Hauptvorwurf des Tages noch gar nicht vorgebracht. Dass die Recherchen des Medienhauses Correctiv zum Potsdamer Treffen "alles Lüge" und "Stasi-Methoden" seien, eine "steuerfinanzierte Denunziation gegen eine Konkurrenzpartei", das hatte die AfD in den vergangenen Wochen schon öfter gesagt. Neu war Weidels Bewertung der Ampel-Politik:

    Diese Regierung hasst Deutschland.

    Alice Weidel, AfD-Fraktionsvorsitzende

    Das war selbst CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, ein großer Kritiker der Koalition, zu viel. "Diese Regierung regiert schlecht, aber sie hasst dieses Land nicht." Und zur AfD:

    Das ist Vaterlandsverrat, was von Ihnen hier kommt.

    Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef

    Grüne versuchen es mit Umarmungsstrategie

    Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann versuchte es dann mit einer Art Umarmungsstrategie: Merz solle sich nicht jede Zusammenarbeit ausschlagen und "sich nicht so klein" machen. Die Menschen erwarteten, dass die Parteien einen Konsens finden, auch das sei ein Mittel gegen den Frust im Land, so Haßelmann.
    Holocaust-Überlebende Eva Szepes
    Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee der Sowjetunion das Vernichtungslager Auschwitz. Der Bundestag gedachte heute der Opfer des Holocaust und des Nationalsozialismus. 31.01.2024 | 1:40 min
    Wenn die Union das Land permanent schlecht rede, wie beim Bürgergeld, dann sei das "gefährlich", so Haßelmann. Schließlich habe die Union in Bundestag und Bundesrat der Erhöhung auch zugestimmt.

    Sich so billig aus der Verantwortung zu schleichen, das wird Ihnen doch gar nicht gerecht, mein Gott!

    Britta Haßelmann, Grünen-Fraktionsvorsitzende

    Doch so einfach sei das alles nicht, kritisierte Dobrindt Haßelmann. Den Rechtsextremismus lasse sich nicht "wegdemonstrieren". Man könne ihn nur "wegregieren", so Dobrindt.

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