Bodenoffensive? Warum Sicherheitsexperte Heusgen abrät

    Sicherheitsexperte zu Nahost:Warum Heusgen Israel von Bodenoffensive abrät

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    Man müsse "verhindern, dass es einen Flächenbrand gibt", sagt Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Israel müsse dafür auf eine Bodenoffensive verzichten.

    „Zurückkehren zu einer diplomatischen Lösung“
    Man müsse „verhindern, dass es einen Flächenbrand gibt“, sagt Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Israel müsse dafür auf eine Bodenoffensive verzichten.24.10.2023 | 5:20 min
    Die unterschiedlichen Perspektiven auf den Nahost-Konflikt haben im UN-Sicherheitsrat zu einem Eklat zwischen Israel und dem UN-Generalsekretär geführt. Antonio Guterres verurteilte zwar den Hamas-Terror erneut aufs Schärfste, kritisierte aber auch Israels Angriffe auf den Gazastreifen. Christoph Heusgen, der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz hat das Geschehen beobachtet.
    Sehen Sie das Interview oben in voller Länge im Video oder lesen Sie es unten in Auszügen:
    Im Interview mit dem ZDF heute journal stellt Christoph Heusgen fest, dass ...

    ... das kein ungewöhnlicher Vorgang war:

    "Nein das hat man häufiger erlebt", sagt Heusgen. "Natürlich sehr stark und emotional, aber es ist was, was häufiger so vorkommt." Guterres sei ein "sehr besonnener Mann". Oft werde ihm vorgeworfen, dass er sich nicht klar genug äußere, so Heusgen.
    Bei der UNO-Sitzung habe es eine "ungewöhnliche und hitzige Auseinandersetzung" gegeben, so ZDF-Korrespondentin Bates. Guterres habe sich "ungewöhnlich deutlich" geäußert, stünde aber nicht allein da.
    Guterres sei "ungewöhnlich deutlich" geworden, so auch ZDF-Korrespondentin Bates. Ziel sei, Israel zwar Solidarität zuzusichern, aber "keinen Blankoscheck" auszustellen.24.10.2023 | 1:42 min

    ... Israel auf eine Bodenoffensive verzichten müsse

    "Es muss zu einer diplomatischen Lösung kommen", sagt Heusgen. "Es geht natürlich erstmal darum, dass die Geiseln alle frei kommen." Dem müsse alles untergeordnet werden.

    Und dann muss man verhindern, dass es einen Flächenbrand gibt, also keinen Einmarsch der israelischen Truppen im Gazastreifen.

    Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz

    Danach müsse man "zurückkehren zur Zwei-Staaten-Lösung, die geltendes Recht ist". "Und da muss Israel auch mitmachen. Das kann man sich derzeit nicht vorstellen, aber das ist der einzige Ausweg", sagt Heusgen.
    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
    ZDFheute Infografik
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    Auf die Nachfrage, ob Israel also auf die Bodenoffensive verzichten solle, sagt Heusgen: "Auf jeden Fall, das sagen alle. Das sagen auch diejenigen, die jetzt mit der Geiselbefreiung zu tun haben. Das sagt Katar. Das sagt Ägypten."
    Die amerikanischen Präsidenten Joe Biden und Barack Obama hätten aufgrund der Erfahrungen, die sie nach dem 11. September gemacht haben mit der US-Operation und den Konsequenzen geraten, dass Israel jetzt nicht aus Zorn und Hass überreagiert.

    Christoph Heusgen | Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz

    ... ist Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Der promovierte Ökonom war 1980 ins Auswärtige Amt eingetreten und arbeitete dann unter anderem in Chicago, Paris und Bonn. Zwischen 1999 und 2005 war er Leiter des Politischen Stabs von Javier Solana im Generalsekretariat des EU-Rates in Brüssel. Mit Angela Merkels Amtsübernahme 2005 wechselte das CDU-Mitglied Heusgen ins Kanzleramt und war unter anderem Merkels Experte für die Nato, den Nahost-Konflikt, den Balkan und Afrika. Danach vertrat er als UN-Botschafter die Positionen der Bundesregierung bei den Vereinten Nationen.

    ... Israel erkenne, dass ein Flächenbrand auch für Israel verheerend wäre:

    Dass die Bodenoffensive verschoben wurde, passiere auf internationalem Druck, sagt Heusgen. "Und weil auch glaube ich Israel gerade erkennt, dass ein Flächenbrand auch für Israel verheerend wäre."
    Die Aussichten, die Israel bekommen habe, "nämlich Aussöhnung mit einigen der arabischen [Länder] und Golfländer", darauf werde man dann "lange Zeit verzichten" müssen.

    ... der Nahost-Konflikt im russischen Interesse ist:

    "Russland sieht, wie die internationale Aufmerksamkeit von der Ukraine abrückt", stellt Heusgen fest. Russland könne in der Ukraine "weiter ihre Aggression fortsetzen". Russland agiere zusammen mit dem Iran, mit Nordkorea. Es gebe "so eine Achse des Bösen, die sich da verstärkt".
    Und da sei der Nahost-Konflikt "durchaus im russischen Interesse".

    Eskalation in Nahost
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    Israelische Soldaten in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen im Süden Israels, aufgenommen am 12.03.2024
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    Quelle: ZDF

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