Weltschilddrüsentag 2024: Schilddrüsenüberfunktion erkennen

    Unruhe, Schwitzen, Herzrasen:Was tun bei einer Schilddrüsenüberfunktion?

    von Markus Böhle
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    Bildet die Schilddrüse zu viele Hormone, kann das vielfältige Beschwerden verursachen. Auf welche Symptome man achten sollte und was bei einer Schilddrüsenüberfunktion helfen kann.

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    Sie fühlen sich innerlich unruhig und nervös, klagen über Herzrasen, Schweißausbrüche, Haarausfall oder Gereiztheit: Menschen mit einer Schilddrüsenüberfunktion machen etwa ein Prozent der Bevölkerung aus. Barbara Kreppel leitet das Schilddrüsen-Zentrum am Universitätsklinikum Bonn. Sie behandelt häufig Patienten mit solchen Beschwerden. Die Nuklearmedizinerin weiß, wie unterschiedlich die Symptome sein können und welche Folgen das hat.

    Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion oft nicht eindeutig

    Bei einer Überfunktion der Schilddrüse, einer Hyperthyreose, ist der Hormonspiegel im Blut erhöht, was den gesamten Energiestoffwechsel steigert. Solche unspezifischen Symptome würden jedoch nicht immer auf die Schilddrüse zurückgeführt, sagt die Expertin.

    Betroffene fühlen sich oft unruhig und nervös, führen das aber vielleicht lange Zeit auf Stress zurück. Schlafstörungen oder Schweißausbrüche werden zudem oft den Wechseljahren zugeschrieben.

    Dr. Barbara Kreppel, Nuklearmedizinerin, Universitätsklinikum Bonn

    Deswegen sollten Patienten mit ihrem Arzt auch über unspezifische Symptome sprechen. Er weiß in der Regel, ob sie mit der Schilddrüse in Zusammenhang stehen können und kann rechtzeitig handeln. Denn mit der Zeit nehmen die Beschwerden meist zu und können die Lebensqualität stark einschränken. Eine unerkannte Hyperthyreose kann zudem Erkrankungen wie Osteoporose oder Vorhofflimmern am Herz begünstigen.

    • Die Schilddrüsenhormone beeinflussen viele Stoffwechselvorgänge und Funktionen des Körpers. Dazu zählen Fett- und Zuckerstoffwechsel, Mineralstoff- und Wasserhaushalt, Herz-Kreislauf-System, Psyche, Gewicht, Muskelkraft, Wachstum und Entwicklung, Abwehrkräfte, Verdauung und Fruchtbarkeit.
    • Werden zu viele Schilddrüsenhormone gebildet, sprechen Ärzte von einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Einige Körperfunktionen laufen dann "auf Hochtouren". Nervosität, Zittern, Herzrasen, Durchfall, Gewichtsverlust, vermehrtes Schwitzen, Kraftlosigkeit, Stimmungsschwankungen oder Zyklusstörungen sind nur einige der möglichen Symptome.
    • Noch häufiger als eine Schilddrüsenüberfunktion ist der umgekehrte Fall: die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Die Schilddrüse bildet dann zu wenig Hormone.

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    Schritt für Schritt zur Diagnose

    Hat der Hausarzt die Schilddrüse in Verdacht, wird er das Organ abtasten, per Ultraschall untersuchen und die Werte der Schilddrüsenhormone im Blut überprüfen. Zeigen sich Auffälligkeiten, folgen oft weitere Untersuchungen, zum Beispiel eine Szintigrafie, ein bildgebendes nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren.
    Die mit Abstand häufigsten Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion sind die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow und sogenannte Schilddrüsenautonomien. Dabei bildet die gesamte Schilddrüse oder Teile davon - als heiße Knoten - ungebremst Hormone. Seltener können bestimmte Entzündungen der Schilddrüse, aber auch überdosierte Schilddrüsenhormon-Medikamente die Symptome auslösen.

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    Ausreichende Jodzufuhr ist wichtig

    Frauen im mittleren Alter sind häufiger von Schilddrüsenüberfunktionen betroffen. Genauso Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen in der Familie. Der jahrzehntelange und wiederkehrende Jodmangel in Deutschland sei ein weiterer Risikofaktor, erklärt Barbara Kreppel und verweist auf viele ältere Patienten im Schilddrüsen-Zentrum.

    Durch Jodmangel über viele Jahre bis Jahrzehnte können sich vermehrt Knoten in der Schilddrüse bilden. Mit der Zeit können diese wachsen, autonom werden und ungebremst Hormone bilden.

    Dr. Barbara Kreppel, Nuklearmedizinerin, Universitätsklinikum Bonn

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    Eine ausreichende Jodzufuhr sei deshalb wichtig, so die Expertin. Wer bereits eine Überfunktion habe, solle aber auf sehr jodreiche Nahrungsmittel wie Algen oder Meeresfrüchte verzichten, da sie diese verstärken könnten. Stark jodhaltige Röntgenkontrastmittel oder Medikamente könnten bei Betroffenen sogar zu lebensbedrohlichen Situationen wie einer thyreotoxischen Krise führen.

    Nicht immer macht eine Überfunktion Beschwerden. Gerade ältere Menschen bemerken diese teils kaum. Einige Ärzte sehen darin ein Risiko, weil auch eine symptomarme Überfunktion Erkrankungen wie Osteoporose oder Vorhofflimmern des Herzens begünstigen können.

    Wer keine Symptome hat, aber die Schilddrüsenfunktion trotzdem überprüfen lassen möchte, muss dafür in der Regel selbst zahlen. Einige Ärzte bieten als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) einen Schilddrüsen-Check an. Dazu gehört meist die Kontrolle des TSH-Wertes im Blut für etwa 20 bis 30 Euro und ein Ultraschall der Schilddrüse für rund 30 Euro.

    Das Portal IGeL-Monitor bewertete den Nutzen bereits 2017 mit tendenziell negativ und wies auf das Risiko falsch positiver Befunde sowie einer Überdiagnostik hin. Große vergleichende Studien fehlen nach Einschätzung der Wissenschaftler auch im Jahr 2024.

    Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion

    Ob und wie eine Schilddrüsenüberfunktion behandelt wird, hängt von der Ursache, der Ausprägung und dem Wunsch der Patienten ab. Behandelt wird häufig mit Medikamenten, die den Hormonspiegel senken (Thyreostatika) oder Operationen, bei denen das überaktive Gewebe entfernt wird. Auch eine Radiojodtherapie ist möglich. Dabei wird das krankhafte Gewebe gezielt durch radioaktive Strahlung ausgeschaltet.
    "Alle Behandlungsverfahren haben Vor- und Nachteile. Sie müssen im Einzelfall gegeneinander abgewogen und mit dem Patienten besprochen werden", erklärt Barbara Kreppel. In der Regel könne so die Lebensqualität gut verbessert werden und der Stoffwechsel normalisiere sich wieder.

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