Israelische Siedler auf einem Hügel in der Nähe von Ramallah im israelisch besetzten Westjordanland.
Quelle: AFP
Die
EU hat zum ersten Mal Strafmaßnahmen wegen der Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland verhängt. Die Mitgliedsstaaten beschlossen die Sanktionen gegen Personen und Organisationen, die dafür verantwortlich sein sollen, am Freitag in einem schriftlichen Verfahren.
Ab sofort mit Sanktionen belegt sind vier Männer, denen zum Beispiel Folter, Erniedrigungen oder Verstöße gegen das Eigentumsrecht vorgeworfen werden, wie aus dem EU-Amtsblatt hervorging. Zudem sind die radikale Jugendgruppe Hilltop Youth und eine rechtsradikale jüdische rassistische Gruppe mit dem Namen Lehava betroffen.
Mehrere westliche Staaten haben Israel dazu aufgefordert, gegen Gewalt von Siedlern im Westjordanland vorzugehen. Bei den Unterzeichnern nicht dabei: Deutschland und die USA.15.12.2023 | 1:44 min
Personen, die betroffen sind, dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgern machen. Außerdem müssen ihre in der EU vorhandenen Konten und andere Vermögenswerte eingefroren werden.
Zeichen für Kurswechsel in Israel-Politik der EU?
Angriffe gegen Palästinenser werden wie der Siedlungsbau im Westjordanland als eines der Hindernisse für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im
Nahost-Konflikt gesehen - insbesondere auch nach dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober.
Die EU hat die Gewalttaten und den Siedlungsbau bereits wiederholt verurteilt - für Strafmaßnahmen gab es aber bislang nicht den erforderlichen Konsens. Die Sanktionsentscheidung gilt deswegen als ein Anzeichen für einen Kurswechsel in der Israel-Politik der EU - auch wenn die Strafmaßnahmen an sich für die Betroffenen vergleichsweise geringe Auswirkungen haben. Im Idealfall sollen sie laut Diplomaten aber dazu führen, dass die israelische Justiz sich künftig engagierter um die Verfolgung von Gewalt von israelischen Siedlern gegen Palästinenser kümmert.
UN stufen Siedlungen als Hindernis für Friedensregelung ein
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hatte die Entwicklungen in dem Gebiet erst in der vergangenen Woche wieder als höchst besorgniserregend bezeichnet. Im Westjordanland würden Palästinenser ständig von Hunderten israelischen Siedlern angegriffen, die oft vom Militär unterstützt würden, ließ er mitteilen. Nach der Tötung eines 14-jährigen Israeli aus einer Siedlerfamilie seien bei Racheakten vier Palästinenser getötet worden, darunter ein Kind. Israel sei als Besatzungsmacht verpflichtet, Palästinenser vor Siedlerattacken und rechtswidriger Gewalt durch Sicherheitskräfte zu schützen, so Türk.
Ein Grund für die angespannte Lage im Westjordanland ist, dass Israel dort seit der Eroberung des Gebiets im Sechstagekrieg 1967 umstrittene Siedlungen ausbaut. Die Zahl der Siedler in dem Gebiet, das zwischen dem israelischen Kernland und Jordanien liegt, ist inzwischen auf etwa eine halbe Million gestiegen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es sogar 700.000. Die Siedler leben inmitten von rund drei Millionen Palästinensern.
Die
Vereinten Nationen haben diese Siedlungen als großes Hindernis für eine Friedensregelung eingestuft, weil sie kaum noch ein zusammenhängendes Territorium für die Palästinenser bei einer möglichen Zweistaatenlösung zulassen. Als ein weiterer Grund für die angespannte Lage gelten Razzien der israelischen Armee in Städten des Westjordanlands wegen Anschlägen von Palästinensern auf Israelis.
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.
Quelle: dpa