Ukraine-Hilfen: Sonst macht Putin die "Welt zur Katastrophe"

Münchner Sicherheitskonferenz:Sonst macht Putin die "Welt zur Katastrophe"

Stefan Leifert zugeschaltet aus München
von Stefan Leifert, München
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Bei der Münchner Sicherheitskonferenz will Scholz von Defensive auf Offensive umschalten - Selenskyj warnt vor einem Sieg Putins. Die Stimmung vor Ort ist geprägt von Sorgen.

Lang war der Auftritt von Olaf Scholz (SPD) nicht. Doch in den zehn Minuten Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz steckte so viel Entschiedenheit und Nachdruck, wie man es vom Kanzler lange nicht erlebt hat. Mit viel Verve versucht Scholz seine Reputation als Zauderer in der Ukraine-Hilfe abzulegen und von Defensive auf Offensive umzuschalten.
Scholz rief die europäischen Partner dazu auf, sich bei den Militärhilfen für die Ukraine an den Militärausgaben der USA zu orientieren. "Eine vergleichbare Anstrengung muss doch das Mindeste sein, was auch jedes europäische Land unternimmt", sagte Scholz. Angesichts der von Berlin beschlossenen Milliardenhilfen für die Ukraine sagte der Kanzler, er wünsche sich sehr, "dass ähnliche Entscheidungen in allen EU-Hauptstädten getroffen werden".

Scholz hebt deutsche Ukraine-Unterstützung hervor

Das sind ungewohnt selbstbewusste Töne des Kanzlers. Scholz versucht hörbar, vom Getriebenen zum Antreiber zu werden. Mit wachsendem Selbstbewusstsein betont er immer wieder, dass Deutschland hinter den USA der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion vor zwei Jahren ist. Diese Botschaft richtet sich sowohl an die Kritiker in Deutschland, als auch an die EU-Partner, von denen Berlin mit wachsender Ungeduld mehr Unterstützung erwartet.
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Die Regie der Münchner Sicherheitskonferenz wollte es, dass auf den deutschen Bundeskanzler der Auftritt des ukrainischen Präsidenten folgte. Ein gewohnt emotionaler Wolodymyr Selenskyj klagt in seiner Rede über ein "künstliches Waffendefizit", das die ukrainische Armee auf dem Schlachtfeld große Probleme bereite. Wie zum Beweis platzte die Nachricht vom Rückzug der ukrainischen Streitkräfte aus der umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka in die Münchner Sitzungssäle.

Selenskyj: Awdijiwka-Rückzug soll "so viele Leben wie möglich retten"

Das sei eine "professionelle Entscheidung" gewesen, um "so viele Leben wie möglich zu retten". Seit der Einnahme von Bachmut ist das der bedeutendste Geländegewinn der russischen Armee in diesem Krieg.
Neben der Frage nach der europäischen Unterstützung für die Ukraine ist es vor allem die Sorge vor einem Amerika unter Donald Trump, die die Atmosphäre im Bayerischen Hof dominiert. Da konnte US-Vizepräsidentin Kamala Harris noch so sehr die Solidarität der Regierung Joe Biden beschwören: Wie weitreichend Donald Trump schon jetzt die Agenda der US-Politik bestimmt, ist mit Händen zu greifen.

Nato blickt mit Sorge auf mögliche Trump-Wahl

Mit wachsender Unruhe warten Ukraine und Europa auf grünes Licht für das milliardenschwere Militärpaket aus Washington im US-Kongress. "Wir können keine Spielchen spielen", sagte Harris nach einem Treffen mit Selenskyj mit Blick auf die 60 Milliarden Dollar Hilfe für die Ukraine, die seit Monaten von den Republikanern blockiert werden.
Vor allem der Nato graut es vor einer Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus, denn dessen zweite Amtszeit könnte noch radikaler und schriller werden als die erste, so die Sorge. Auch dem sonst so kontrolliert auftretendem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist seine Ungeduld mit Washington anzumerken. Die USA müssten der Ukraine nun endlich liefern, "was sie versprochen haben". Dazu bestehe eine "absolute Notwendigkeit".
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Unterschiedliche Antworten auf Putins Aggression

Münchens Sicherheitskonferenz liefert ein Abbild des Zustands der internationalen Diplomatie. Selten waren die Stimmung so von Pessimismus und Sorge geprägt, nicht nur, aber vor allem im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine.
"Wenn wir jetzt nicht handeln", schließt Selenskyj seine Rede, "wird es Putin gelingen, die Welt zu einer Katastrophe zu machen". Widersprechen würde dieser Einschätzung niemand, doch München offenbart auch, wie unterschiedlich die Antworten darauf in Hinblick auf die Ukraine-Unterstützung ausfallen.
Stefan Leifert ist Leiter des ZDF-Studios Bayern.
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