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Interview

John Bolton zum Ukraine-Krieg : Dem Westen fehlt eine klare Strategie

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John Bolton, früherer UN-Botschafter und Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater, zieht nach einem Jahr Krieg eine ernüchternde Bilanz. Er meint, USA und Nato haben versagt.

Der frühere Nationale Sicherheitsberater der USA John Bolton schätzt im Interview mit Johannes Hano die Situation der Ukraine und die Strategie des Westens ein.

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Ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ist ein Ende des Krieges noch nicht in Sicht. Seitdem hat der Westen bei der Unterstützung der Ukraine Fehler gemacht, findet John Bolton. Der ehemalige UN-Botschafter unter George W. Bush war 2018/19 auch Nationaler Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump. Heute steht er diesem kritisch gegenüber. Im Interview schätzt er die Situation der Ukraine und die Chance auf Frieden ein.

Das auslandsjournal berichtet in einem Spezial über die Geschehnisse vom 24. Februar 2022, als die russische Armee ihren Nachbarn, die Ukraine, überfiel.

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ZDFheute: Ein Jahr nach der russischen Großinvasion der Ukraine – wie sehen Sie die Situation?  

John Bolton: Zunächst, glaube ich, dass die Vereinigten Staaten und die Nato kläglich versagt haben, die Russen von einer Invasion abzuhalten. Die westliche Reaktion auf die Besetzung der Krim 2014 war völlig unzureichend, sehr schwach. Es gab ein paar Sanktionen gegen die Russen.

Aber im Grunde genommen denke ich, dass der Kreml das Fehlen einer wirksamen westlichen Reaktion als Duldung interpretiert hat. Unsere Sanktionen hätten viel härter ausfallen müssen. Viele haben damals gesagt, um Himmels willen nicht, sonst marschieren die Russen ein. Was soll‘s. Sie sind einmarschiert.

Und zweitens finde ich, dass wir den Ukrainern schon viel früher bessere Waffensysteme und Training hätten liefern müssen. Ich glaube, dass wir von den Russen und ihrer Drohung, dass der Krieg irgendwie ausgeweitet wird, abgeschreckt und eingeschüchtert worden sind.  Sie haben uns mehr abgeschreckt als wir sie.  

 ZDFheute: Was ist aus Ihrer Sicht sonst noch schiefgelaufen?  

John Bolton: Präsident George W. Bush hat im April 2008 auf dem Nato-Gipfel in Bukarest vorgeschlagen, die Ukraine und Georgien im Schnellverfahren in die Nato aufzunehmen. Das war die richtige Entscheidung. Doch Deutschland und Frankreich waren dagegen. Ich glaube, dass es schon 2014 keine Invasion gegeben hätte, wenn die Ukraine damals schnell in das Nato-Bündnis aufgenommen worden wäre.   

Die Nato will an ihrer Ostflanke weitere Soldaten stationieren, die Mitgliedsstaaten sollen ihre Verteidigungsausgaben erhöhen.

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ZDFheute: Wie schätzen Sie die amerikanische Unterstützung für die Ukraine ein, wenn der Krieg noch lange andauert? 

John Bolton: Ich denke, die Unterstützung der amerikanischen Bevölkerung ist nach wie vor sehr groß - auch wenn es das Virus des Isolationismus sowohl in der Demokratischen Partei als auch in der Republikanischen Partei gibt. Einige dieser falschen Vorstellungen stammen von Donald Trump, der die Ukraine einfach nur als korrupt ansieht und glaubt, dass die Ukrainer seine Wahl 2016 verhindern wollten. 

Doch ich mache mir weniger Sorgen um die amerikanische Entschlossenheit. Ehrlich gesagt, sorgt mich mehr, dass den Europäern die Willenskraft fehlt, den Krieg längerfristig zu unterstützen. 

US-Präsident Joe Biden ist überraschend nach Kiew gereist, es war seine erste Visite seit Kriegsbeginn. Bei seinem Besuch kündigte er ein neues Hilfspaket an.

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ZDFheute: Sie haben in einem Interview vor kurzem gesagt, Putin sähe Deutschland als schwaches Glied in der Gemeinschaft der Unterstützer der Ukraine, warum? 

John Bolton: Putin glaubt, dass die deutsche Wirtschaft, die französische Wirtschaft und einige Unternehmen aus anderen europäischen Staaten einen Schlussstrich ziehen wollten, um wieder zur Tagesordnung überzugehen. Putin glaubt, dass die wirtschaftlichen Waffen in Verbindung mit dem Winter Auswirkungen auf Europa haben könnten. Hoffentlich wird es nicht dazu kommen. Aber wenn dieser Krieg im nächsten Jahr weitergeht, könnte das passieren.  

Es gibt Spannungen innerhalb der Nato, die zum Teil durch den französischen Präsidenten Macron verursacht wurden.  Putin und anderen im Kreml glauben, dass es innerhalb der Allianz Risse gibt, die sie ausnutzen können. Aber ich denke, angesichts der Pattsituation in der Ukraine heute ist das Ziel des Kremls, politisch zu gewinnen, was auf dem Schlachtfeld nicht zu gewinnen ist.

Das alles beherrschende Thema der 59. Münchner Sicherheitskonferenz war der Krieg in der Ukraine. Über dem ganzen Wochenende hing die Frage: wie wehrhaft ist der Westen wirklich?

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ZDFheute: Sehen Sie eine Möglichkeit Frieden durch Verhandlungen zu erreichen? 
 
John Bolton: Ich sehe keinen anderen Weg als den, den die finnische Premierministerin vor einigen Wochen vorgeschlagen hat: Die russischen Truppen müssen die Ukraine verlassen, um den Weg für Verhandlungen freizumachen. Das ist die Ausweichroute.  

Ein langanhaltender Krieg nützt nur den Russen. Er gibt Russland mehr Zeit, die schweren militärischen Fehler zu korrigieren, die sie gemacht haben. Und Zeit ist für die Ukraine weitaus kostspieliger als für jede andere Partei. Ich glaube, allein schon unter humanitären Gesichtspunkten müssen wir unsere militärischen Hilfen beschleunigen, damit die Ukraine so schnell wie möglich wieder ein normales Leben führen kann.  

"Wir wollen schon heute Frieden, aber Putin scheint nicht soweit zu sein und deswegen brauchen wir die Waffen, um Putin dazu zu bewegen", so der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk.

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ZDFheute: Wie glauben Sie kann das erreicht werden?  

John Bolton: Meiner Meinung nach brauchen wir eine effektive westlichen Strategie, um den Krieg zu unseren Bedingungen zu gewinnen. Wir streiten uns über dieses und jenes Waffensystem, aber Listen von Waffen ergeben noch lange keine Strategie. 

Ich würde gerne hören, wie wir die russischen Truppen hinter die russischen Grenzen zurückbringen wollen. Wenn man seine Ziele nicht klar benennt, kann man auch keine Mittel und Methoden entwickeln, um sie zu erreichen.  

Das Interview führte Johannes Hano, der Leiter des ZDF-Studios New York im Rahmen der Zeitenwende-Doku für das auslandsjournal. Sehen Sie die Doku hier:

Wie hat der Krieg den Westen verändert? Droht der Streit um Waffenlieferungen die Partner zu spalten? Die ZDF-Korrespondenten suchen Antworten in Brüssel, der Ukraine und den USA.

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Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

Ukrainische Soldaten feuern am 20. 03. 2023 inmitten der russischen Invasion in der Ukraine mit einem S60-Flugabwehrgeschütz auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut.
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Russland greift die Ukraine an - Aktuelles zum Krieg in der Ukraine 

Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Es gibt Sanktionen gegen Moskau, Waffen für Kiew. Aktuelle News und Hintergründe zum Krieg im Blog.

Aktuelle Nachrichten zur Ukraine

Ukraine, Donezk: Ein ukrainischer Soldat steht an der Trennlinie zu pro-russischen Rebellen in der Region Donezk. In der Ukraine-Krise haben die USA und Russland bei Gesprächen in Genf zunächst auf ihren bekannten Standpunkten beharrt.
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Nachrichten & Hintergründe - Krieg in der Ukraine 

Russland führt Krieg gegen die Ukraine. Es gibt zahlreiche Sanktionen des Westens gegen Russland und in der Nato abgestimmte Waffenlieferungen an die Ukraine. Alle Nachrichten und Hintergründe.

Weltkarte mit den Handelsrouten Russlands in den Westen und nach Asien

Nach Ukraine-Invasion - Wie sich der Russland-Handel verändert hat 

Russlands Handel mit Europa ist seit der Ukraine-Invasion eingebrochen. Fehlende Hightech-Waren schaden der russischen Wirtschaft. Können Länder wie China die Verluste ausgleichen?

Die Karte der Ukraine zeigt, welche Gebiete im Osten des Landes von russischen Truppen besetzt sind. Zudem sind die Separatistengebiete und die annektierte Krim hervorgehoben.

Invasion und Gegenoffensive - Der Ukraine-Krieg im Zeitraffer 

Vor einem Jahr hat Russland die Ukraine überfallen. Nach zwischenzeitlichen Erfolgen Kiews herrscht nun ein Stellungkrieg. Eine Chronologie.

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