Kurz vor Bidens Besuch: Klinikbeschuss: Diplomatie gescheitert?

    Kurz vor Bidens Israel-Besuch:Klinikbeschuss: Diplomatie gescheitert?

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    Zu sehen sind zerstörte Autos auf dem Parkplatz vor der Klinik in Gaza.

    Viele arabische Staaten machen Israel für den Beschuss einer Klinik im Gazastreifen verantwortlich - Beweise dafür gibt es nicht. Droht die Krisendiplomatie in Nahost zu scheitern?

    Tote nach Explosion in Klinik

    Der Beschuss einer Klinik im Gazastreifen hat international Entsetzen gelöst. Laut palästinensischen Angaben seien dabei hunderte Menschen getötet und verletzt worden.
    Die Hamas wirft Israel vor, die Klinik beschossen zu haben. Israel macht dagegen die palästinensische Terrororganisation Islamischer Dschihad verantwortlich – eine fehlgeleitete Rakete sei eingeschlagen.

    Scholz und Biden im Nahen Osten

    Bundeskanzler Scholz war gestern zu einem Solidaritätsbesuch in Israel – dort traf er Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Heute Morgen dann die Weiterreise nach Ägypten: In Kairo bemühte sich Scholz im Gespräch mit Staatschef Abdel Fattah al-Sisi um eine Deeskalation der Lage in Nahost.
    Hier ging es auch um die Freilassung der von der Hamas entführten Geiseln, unter denen auch deutsche Staatsbürger sind. Krisendiplomatie ist auch der Anlass für den Besuch von US-Präsident Joe Biden in Tel Aviv.

    Geplanter Gipfel mit Biden verschoben

    Eigentlich wollte er daraufhin in Jordanien mit Vertretern der arabischen Welt zusammengekommen – unter ihnen auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas.
    Doch der jordanische König hat den Gipfel verschoben, sein Außenminister spricht von "Massakern".  Nach Einschätzung von Joe Biden ist die Explosion nicht von einem israelischen Luftangriff ausgelöst worden.

    Das sind die Gäste bei ZDFheute live

    Ist die Krisendiplomatie in Nahost gescheitert? Droht ein Flächenbrand in der Region? Wie groß ist die Macht der Bilder? Und wie geht es weiter im Gazastreifen und in Israel?
    Darüber spricht Carsten Rüger bei ZDFheute live mit unserem Nahost-Korrespondenten Michael Bewerunge und Asiem El Difraoui, der sich in seiner Arbeit als Politikwissenschaftler und Dokumentarfilm-Autor mit der arabischen Welt und islamistischen Medien beschäftigt.

    Internationale Reaktionen auf den Klinikbeschuss

    Die Explosion im Al-Ahli-Krankenhaus im Gazastreifen ruft weltweit Reaktionen hervor. UN-Generalsekretär Guterres ist "entsetzt" und auch EU-Kommissionpräsidentin von der Leyen bezeichnete die Explosion vor dem EU-Parlament als "entsetzlich und erschreckend":

    Es gibt keine Entschuldigung für den Beschuss eines Krankenhauses voller Zivilisten. (…) Alle Fakten müssen einwandfrei festgestellt werden und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

    Während die Europäische Union also auf die unklare Faktenlage verweist, positionieren sich die meisten arabischen Staaten deutlich. Sie sind sich einig, wer verantwortlich ist für den Beschuss der Klinik: Israel.

    Anti-Israel-Proteste in Metropolen des Nahen Ostens

    Iran gilt als Erzfeind Israels in der Region. Präsident Raisi rief wegen des Klinikbeschusses einen nationalen Trauertag aus. Auf den Straßen Teherans formierten sich anti-israelische Proteste – aus vielen Städten werden ähnliche Aufmärsche gemeldet: Neben Beirut, Istanbul und Bagdad gibt es auch Proteste im von Israel besetzten Westjordanland.
    Die Türkei und Saudi-Arabien, die als potenzielle Vermittler im Nahost-Konflikt gelten, machen ebenfalls Israel für den Beschuss des Krankenhauses verantwortlich.
    Die pro-iranische schiitische Terrormiliz Hisbollah, die vor allem im Libanon aktiv ist, verkündete heute einen "Tag des beispiellosen Zorns". Gleiches forderten auch die von Teheran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen.
    Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi sprach von einer "vorsätzlichen Bombardierung" Israels auf die Klinik und einer "Verletzung des Völkerrechts". Unterdessen hat das Büro von Israels Ministerpräsident Netanjahu angekündigt, humanitäre Hilfe aus Ägypten in den Gazastreifen zu erlauben.

    Russland und China zurückhaltend

    Die Großmächte Russland und China sind vorsichtiger damit, einer Partei die Schuld für die Attacke auf die Klinik zu geben. Russlands Präsident Putin, der weiter einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, sprach von einer "humanitären Katastrophe", das chinesische Außenministerium verurteilt den Raketenangriff "aufs Schärfste". Beide Staaten teilen zudem mit, dass sie auf ein baldiges Ende des Krieges hoffen.
    Mit Material von ZDF, dpa, afp und Reuters.

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