Ex-Nato-General Ramms analysiert die Ukraine-Hilfe

    Interview

    Ex-Nato-General zu Ukraine-Hilfe:Ramms: "Was ist uns unsere Freiheit wert?"

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    Zwei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine analysiert der ehemalige Nato-General Egon Ramms die Lage der Ukraine. Wie steht es um militärische Hilfe und die Soldaten?

    TN ZDFheute live zum Thema: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg: Wie kann die Ukraine noch gewinnen?
    Seit zwei Jahren führt Russland einen erbitterten Krieg gegen die Ukraine. Kann die Ukraine noch gewinnen? ZDFheute live mit Ex-Nato-General Egon Ramms.23.02.2024 | 37:27 min
    Der Fall von Awdijiwka im Osten der Ukraine vor einer Woche hat gezeigt, wie sehr vor allem der Mangel an Waffensystemen, Flugabwehr und Munition die ukrainische Armee unter Druck gesetzt hat. Gleichzeitig hat Russland auf Kriegswirtschaft umgestellt. Die Militärhilfe aus Deutschland und anderen westlichen Ländern ist für die Ukraine überlebenswichtig, erklärt Egon Ramms.
    Sehen Sie oben das gesamte Gespräch im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen.

    Sicherheitsabkommen mit Ukraine

    Mehrere Länder haben inzwischen Sicherheitsabkommen mit der angegriffenen Ukraine abgeschlossen - darunter Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Dänemark. Diese Abkommen seien wichtig für die langfristige Unterstützung der Ukraine, sagt Ramms. Dass Dänemark im Zuge dessen sein gesamtes Aufkommen an Artillerie inklusive Munition abgegeben habe, sei eine "tolle Leistung".
    Auch würden F16-Kampfflugzeuge und Soldaten ausgebildet werden und Flugabwehrsysteme geliefert. Doch die Ukraine habe insgesamt "zu wenig Waffensysteme". Die Russen könnten aktuell circa zehn Mal so viel Artilleriemunition verschießen wie die ukrainische Seite.
    Ein Grund dafür: Nordkorea habe inzwischen eine Million Schuss an Russland geliefert. Das sei das Mindeste, was auch der Westen leisten müsse, so Ramms.
    23.02.24, Lviv: Ukraines Präsident steht vor einer ukrainischen und einer dänischen Flagge.
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    Ist Taurus der "Gamechanger"?

    Es spreche nichts dagegen, dass irgendwann auch Taurus-Marschflugkörper geliefert würden, meint Ramms. Der am Donnerstag durch die Ampel-Koalition eingebrachte Beschluss zur weiteren Unterstützung der Ukraine lasse das in irgendeiner Form zu, auch wenn der von der Union eingebrachte Vorschlag, der Taurus explizit erwähnte, abgelehnt wurde.
    Dass eine mögliche Taurus-Lieferung aus Deutschland eine atomare Reaktion Russlands zur Folge hätte, glaubt der frühere Nato-General nicht. Putin habe schon häufig solche leeren Drohungen ausgesprochen. Man dürfe sich jedoch nicht durch Angst bei solchen Entscheidungen beeinflussen lassen.
    ZDF-Politbarometer zu Waffenlieferungen
    Eine wachsende Mehrheit der Deutschen spricht sich für mehr Waffenlieferungen in die Ukraine aus. Laut aktuellem ZDF-Politbarometer befürworten das 62 Prozent der Befragten.23.02.2024 | 1:21 min
    Taurus könnte bei der Zerstörung russischer Depots und Unterbrechung russischer Nachschubwege eine große Rolle spielen. Ramms meidet aber den Begriff des "Gamechangers". Es sei die gesamte Palette nötig, von Artilleriemunition bis Taurus, von F-16-Flugzeugen bis zu Kampfpanzern. Dies gelte auch, obwohl die deutschen Streitkräfte nicht gut ausgerüstet seien.

    Alles muss geliefert werden und bitte schnell.

    Egon Ramms, ehemaliger Nato-General

    Session of the lower house of parliament, the Bundestag, in Berlin
    Ein Antrag der Ampel zur Lieferung "weitreichender Waffensysteme" an die Ukraine wurde angenommen - ein Unionsantrag zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern hingegen abgelehnt.22.02.2024 | 3:08 min

    Fehlen der Ukraine Soldaten?

    Wenn es um die Potentiale der Ukraine hinsichtlich Soldaten gehe, sei das deutlich größer, als man es sich hierzulande vorstellen würde, meint Egon Ramms. Der ukrainische Präsident habe davon bislang nicht Gebrauch gemacht, aber es sei relativ leicht, die Eineberufungsbestimmungen und die Wehrpflichtgesetze in dem Land zu ändern. So könnte die Wehrpflichtdauer beispielsweise von 45 auf 50 Jahre verlängert werden.
    23.02.24, Kiew: Die Mauer der Erinnerung an die gefallenen ukrainischen Soldaten in Kiew.
    Christian Sievers trifft Menschen in der Ukraine, die seit der Invasion über ihre Angst, den Tod und ihren Schmerz sprechen. Denn niemand weiß, wie lange der Krieg noch andauert.23.02.2024 | 5:08 min

    Optimistischer Ausblick

    Ramms bleibt trotz allem optimistisch. Der Westen habe inzwischen erkannt, dass die Ukraine diesen Krieg nur dann weiter erfolgreich führen könne, wenn sie die entsprechende Unterstützung bekomme. Alle Nato-Staaten sowie die EU müssten sich einig sein, dass man ein großes Interesse daran habe. Die freiheitliche Demokratie, für die die Ukraine kämpfe, lasse sich kaum monetär beziffern.

    Wir müssen uns persönlich fragen: Was ist uns unsere eigene Freiheit wert?

    Egon Ramms, ehemaliger Nato-General

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