Können die Huthi Teile des Internets lahmlegen?

    Sabotage von Unterseekabeln:Können die Huthi das Internet lahmlegen?

    ZDFheute Update - Jan Schneider
    von Jan Schneider
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    Die jemenitische Regierung warnt vor Sabotageakten auf Unterseekabel durch Huthi-Rebellen. Wie realistisch sind Angriffe auf diese Infrastruktur, wie könnte sie geschützt werden?

    Eine Satellitenaufnahme von der Küste des Jemen aus November 2023.
    Satellitenaufnahme der jemenitischen Küste aus dem November 2023.
    Quelle: AFP

    Der Konflikt zwischen den Huthi-Kämpfern im Jemen und dem US-Militär schwelt weiter. Am Morgen teilte das US-Militär mit, neue Luftangriffe auf Stellungen der Huthi geflogen zu haben. Dabei seien mit Sprengstoff beladene Drohnenboote und mobile Abschussvorrichtungen für Marschflugkörper zerstört worden, die eine Gefahr für Schiffe im Roten Meer sein könnten.
    Seit November greift die Huthi-Miliz immer wieder Schiffe in der Meerenge an, und will damit ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen, die auf das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober folgten.
    Nun warnt die jemenitische Regierung vor einer neuen Gefahr, die von den Rebellen ausgehen könnte: Sie drohten mit der Sabotage wichtiger Unterseekabel, einschließlich der Internetleitungen, die am Grund des Roten Meeres verlaufen und Asien mit Europa verbinden.
    17 Prozent des weltweiten Datenverkehrs laufen durch diese Kabel, ein Angriff hätte immense Auswirkungen auf globale Handels- und Kommunikationswege.
     Die Fregatte «Hessen» läuft aus dem Hafen aus.
    Die US-Streitkräfte haben erneut mehrere Ziele der Huthi-Miliz im Jemen attackiert. Gemeldet wurden Angriffe gegen ferngesteuerte Boote und abschussbereite Marschflugkörper.09.02.2024 | 0:23 min

    Woher kommen die Sorgen vor einem Angriff?

    Auslöser der Sorgen sind Nachrichten in Telegram-Kanälen, die den Huthi oder der ebenfalls vom Iran unterstützen Hisbollah zugeordnet werden. Dort wurden Ende letzten Jahres Karten veröffentlicht, auf denen die weltumspannenden Untersee-Kommunikationskabel eingezeichnet sind. Dazu wurde die Nachricht geteilt:

    Es scheint, dass sich der Jemen an einem strategischen Standort befindet, da in seiner Nähe Internetleitungen verlaufen, die ganze Kontinente - nicht nur Länder - verbinden.

    Nachricht in einem Telegram-Kanal der Huthi-Bewegung

    Karten dieser Art sind nichts Ungewöhnliches. Ansehen, welche Kabel wo auf der Welt verlaufen, kann sich jeder etwa auf der Internetseite "Submarine Cable Map".
    Unterseekabel in der Bab al-Mandab Meerenge
    Unterseekabel in der Bab al-Mandab Meerenge.
    Quelle: Submarine Cable Map

    Wäre ein solcher Angriff möglich?

    Experten gehen davon aus, das weder die Huthi noch der die Rebellen unterstützende Iran über die technische Fähigkeit verfügt, die Unterseekabel abzuhören oder gezielt zu durchtrennen. Dafür wären etwa U-Boote nötig, die die USA, Russland und eventuell auch China besitzen.
    Eine Sabotageaktion an den Unterseekabeln im Roten Meer wäre zwar dennoch "theoretisch möglich, aktuell aber unwahrscheinlich", meint der Experte für maritime Strategie und Sicherheit der Universität Kiel, Johannes Peters.

    Eine Sabotage sollte machbar sein, auch mit wenig elaboriertem Equipment. Sie würde aber viel Zeit beanspruchen und ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass das unbemerkt bleiben würde.

    Johannes Peters, Experte für Maritime Strategie und Sicherheit

    Das Rote Meer werde derzeit sehr genau überwacht. Die westlichen Kriegsschiffe vor Ort verfügen über sehr leistungsstarke Radaranlagen. Die Fregatte "Hessen", die sich gerade auf dem Weg in die Region befindet, kann etwa ein Gebiet im Radius von 400 Kilometern überwachen. Hinzu komme regelmäßige Luftaufklärung und Satellitenbilder.
    08.02.2024, Niedersachsen, Wilhelmshaven: Die Fregatte «Hessen» läuft aus dem Hafen aus. Das Schiff der Bundeswehr bricht von Wilhelmshaven aus in See, um sich im Roten Meer am Schutz von Handelsschiffen gegen Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz zu beteiligen.
    Die islamistische Huthi-Miliz greift seit Monaten Handelsschiffe im Roten Meer an - dort beteiligt sich die Deutsche Marine jetzt an einer EU-Mission zum Schutz der Seewege.08.02.2024 | 2:50 min

    Wie können die Kabel geschützt werden?

    Etwas kritischer sieht Moritz Brake vom Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS) der Uni Bonn die Lage:

    Man kann eine solche Sabotage nicht gänzlich ausschließen. Wir müssen damit rechnen, dass hier eine reale Bedrohung vorliegt.

    Moritz Brake, CASSIS

    Das Netz der Unterseekabel sei zwar vergleichsweise resilient: Fällt eine Verbindung aus, können Daten über andere Routen transportiert werden. Trotzdem würde eine Sabotage zu Einschränkungen führen und gerade Staaten in der Region könnten wichtige Verbindungen verlieren. Auch wäre eine Reparatur der Kabel vor der jemenitischen Küste äußerst schwierig, da ein Reparaturschiff längere Zeit am selben Ort bleiben müsste und so ein einfaches Ziel für Angriffe wäre.
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    Um sich wirklich effektiv zu schützen, brauche es mehr Sensorik in der Region, etwa in Form von Messbojen oder anderen unbemannten Systemen. Das würde die Unterseekabel schützen, aber auch die Handelsschiffe, für die die Gefahr eines Angriffs wesentlich größer sei.
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    Welche Folgen hätte eine Sabotageaktion durch die Huthi?

    Um einzuschätzen, wie groß die Gefahr einer Sabotageaktion ist, lohnt es sich auch, die einzelnen Konfliktparteien zu betrachten. Peters sieht aktuell keine große Gefahr für einen Angriff auf die Kommunikationskabel, da weder die Huthi, noch der Iran oder die USA ein Interesse daran hätten, den Konflikt wirklich zu eskalieren.
    Eine Sabotage der Kommunikationskabel würde sehr viel Staaten betreffen und könnte dazu führen, dass sich erneut eine breite Koalition an Ländern gegen die Huthi verbündet und Gegenangriffe durchführt. Das sei nicht im Interesse der Rebellen.
    Auch Brake sieht die Angriffe auf Handelsschiffe als die größere Bedrohung für die nationale und internationale Sicherheit.
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