Medikamentenmangel: Nicht nur Fiebersaft ist ausverkauft

    Medikamentenmangel:Nicht nur Fiebersaft ist ausverkauft

    von Thomas Bleich
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    Fiebersaft ist vielerorts ausverkauft, auch online bei Versandapotheken. Auch lebenswichtige Medikamente für chronisch Kranke fehlen.

    Christoph Specht zur Hitze in Deutschland
    Dr. Christoph Specht im Gespräch 29.07.2022 | 3:35 min
    In diesem Sommer häufen sich neben Corona verschiedene andere Infektionskrankheiten. Vor allem Fieber ist bei Kindern zurzeit ein häufiges Symptom. Eigentlich eine ganz normale Reaktion des Körpers, da sich ihr Immunsystem mit den Erregern auseinandersetzt. Halten Fieber und Schmerzen über längere Zeit an, kommen oft Medikamente mit Paracetamol oder Ibuprofen zum Einsatz, um die Beschwerden zu lindern.
    Fiebersäfte gelten neben Zäpfchen als besonders kindgerechte Darreichungsform dieser Wirkstoffe. Doch derzeit beklagen Apotheker sowie Kinder- und Jugendmediziner bundesweit massive Lieferengpässe bei fertigen Fieber- und Schmerzsäften mit Ibuprofen und inzwischen auch Paracetamol.

    Was ist die Ursache?

    Die Gründe sind vielfältig: Die Herstellung von Säften ist hygienisch aufwändiger, genauso wie die Abfüllung und ihr Versand. Außerdem ist ihre Haltbarkeit geringer als bei Tabletten. Das macht die Produktion von Kindersäften teurer.
    Die Hersteller sind jedoch durch Rabattverträge mit gesetzlichen Krankenkassen und Auflagen zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen dazu gezwungen, diese Arzneimittel zu einem Preis abzugeben, der unter den europäischen Herstellungskosten liegt.
    Das Bild, welches Ende Oktober in einer Apotheke in Frankfurt aufgenommen wurde, zeigt einige Regale mit verscheidenen Medikamenten.
    Kund*innen beklagen, dass es einen erheblichen Mangel an wichtigen Medikamenten in Apotheken gibt. 29.07.2022 | 3:03 min

    Globalisierte Produktion als Folge

    Weil die Medikamente als unrentabel gelten, wurde ihre Produktion ins außereuropäische Ausland verlagert, in Länder wie China, Indien und die USA. Sie zählen zu den weltweit größten Herstellern von Ibuprofen und Paracetamol.
    Doch chinesische Arzneimittel hängen dort seit Monaten wegen des Corona-Lockdowns in Exporthäfen fest. Und in den USA brach die Produktion vor kurzem aufgrund technischer Probleme ein. Hersteller in Indien produzieren daher zur Zeit einzig und allein für den Weltmarkt und können die hohe Nachfrage kaum bedienen.

    Nicht nur Fiebersäfte sind knapp

    Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt den Lieferengpass bei Fiebersäften für Kinder mit Paracetamol auf den Rückzug eines Herstellers zurück.
    Auch Darreichungsformen als Zäpfchen und Wirkstoffe wie Ibuprofen sind inzwischen betroffen, weil sie nun deutlich mehr nachgefragt werden. Ein Lieferengpass, der voraussichtlich bis zum Herbst andauern soll. Darüber hinaus listet das BfArM über 250 Meldungen zu Lieferengpässen auf.

    Was tun, wenn das Kind Fieber hat?

    Ärzte haben die Möglichkeit, explizit Rezepturen mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Paracetamol zu verordnen, die dann von entsprechend ausgestatteten Apotheken individuell hergestellt werden können. Eltern, die auf diese Möglichkeit keinen Zugriff haben, bleibt im Zweifel nach Rücksprache mit dem Kinderarzt ein bewährtes Hausmittel, das ganz ohne pharmazeutische Wirkstoffe auskommt: Lauwarme Wadenwickel. Bei richtiger Anwendung kann es mit ihrer Hilfe gelingen, die Körpertemperatur um bis zu ein Grad zu senken.

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