Nahost-Konflikt: Brauchen "Verständigung mit Palästinensern"
Interview
Historiker zu Gaza-Krieg:Brauchen "Verständigung mit Palästinensern"
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Israel will seine Gaza-Offensive gegen die Hamas auf Rafah ausweiten. Der israelische Historiker Zimmermann spricht über den Rückhalt in der Bevölkerung und Netanjahus Vorgehen.
Bei ZDFheute live erklärt der israelische Historiker Prof. Moshe Zimmermann, dass die Mehrheit der Bevölkerung für die Fortsetzung der Militäroperation im Gazastreifen sei.12.02.2024 | 14:02 min
Im Gaza-Krieg ist es dem israelischen Militär laut eigenen Angaben gelungen, zwei in Rafah gefangen gehaltene Geiseln zu befreien. In der Stadt im Süden des Gazastreifens suchen derzeit zahlreiche Zivilisten auf engstem Raum Schutz. Die Pläne Israels für eine Militäroffensive in der überfüllten Stadt stoßen international allerdings auf Kritik. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) rief bei einem Treffen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde Israel zur Zurückhaltung auf.
Bei ZDFheute live erklärt der israelische Historiker Prof. Moshe Zimmermann, wie die Bevölkerung in Israel zum Vorgehen von Präsident Benjamin Netanjahu gegen die Hamas steht und was es für eine Lösung des Nahost-Konflikts seiner Meinung nach braucht.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Moshe Zimmermann ...
... über das Ziel Israels, die Hamas zu zerstören
Es sei verständlich, dass Israel die Zerstörung der Hamas verfolge, da die Terrororganisation Israel angegriffen und "haarsträubende" Gräueltaten ausgeübt habe. Israels Reaktion sei erwartbar gewesen.
Doch auch wenn die gesamte Hamas-Führung getötet werden sollte und die Palästinenser-Gebiete unter israelischer Verwaltung stünden, bliebe die Frage, was mit der palästinensischen Bevölkerung in Gaza und im Westjordanland passiere, so Zimmermann.
Bei dem Einsatz im Süden von Gaza ist es Israel zum ersten Mal seit Beginn des Gaza-Krieges gelungen, zivile Geiseln in einer Rettungsaktion aus der Gewalt der Hamas zu befreien. 12.02.2024 | 2:45 min
... zur Politik von Ministerpräsident Netanjahu
Netanjahu habe durch die Befreiung der beiden Geiseln zwar Ansehen in der Bevölkerung dazu gewonnen, dennoch seien mehr als Hundert Menschen weiter in Gefangenschaft. Es würde aus Sicht von Zimmermann Jahre dauern, alle Geiseln auf diesem Wege zu befreien.
Man könne sich auch fragen, ob nicht die Politik des israelischen Ministerpräsidenten dazu geführt habe, dass es zu den Angriffen der Hamas am 7. Oktober gekommen ist und ein Ausweg aus dem Konflikt derzeit unmöglich erscheine, sagt Zimmermann. Über die Frage nach einer Weiterführung der Militäroperation im Gazastreifen sei die israelische Gesellschaft indessen gespalten:
Eine Minderheit - die allerdings mit der Zeit größer geworden sei - sehe dagegen die Geiselbefreiung als erste Priorität. "Da zeigt sich wieder, die israelische Gesellschaft ist gespalten." Auch der Terrorangriff der Hamas habe diese Spaltung nicht aufgelöst.
Johann Wadephul (CDU) spricht sich für eine aktivere Rolle Berlins im Nahost-Konflikt aus. Bezüglich der Offensive Israels in Rafah, bräuchte es einen Evakuierungsplan Israels.13.02.2024 | 5:57 min
... über die Rolle der internationalen Gemeinschaft
Man müsse anders mit den USA umgehen, als es Netanjahu mache, sagt Zimmermann. Den Vorschlag von US-Präsident Joe Biden, die Palästinensische Autonomiebehörde, die aktuell "schwach und korrupt" sei, zu erneuern, sodass dann Verhandlungen unter Ausschluss der Hamas möglich seien, habe Netanjahu nicht ernst genommen.
Das Problem sei jedoch, dass Netanjahu daran kein Interesse habe und dies nicht zu seinem "großen Plan" passe.
Man müsse aber bereits jetzt darüber nachdenken, wie es nach einem Ende der Kampfhandlungen weitergehe. Dafür brauche es eine "internationale Intervention".
Krieg in Nahost: Mit der Terrorattacke der Hamas ist der Konflikt eskaliert. Israel greift infolgedessen Ziele im Gazastreifen an. Aktuelle Nachrichten und Hintergründe.