Wohnungsnot bei Fledermäusen: Wie Sie helfen können

    Wohnungsnot vorm Winterschlaf:Fledermaus sucht Ein-Zimmer-Appartement

    von Christian Ehrlich
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    Fledermäuse sind bedroht - durch das Insektensterben und fehlende Höhlen. Für den Winterschlaf brauchen die Tiere geeignete Plätze. Wie man in Haus und Garten helfen kann.

    Schlafende Fledermäuse neben Fledermauskasten
    Tier- und Artenschützer Christian Ehrlich erklärt, warum Fledermäuse bedroht sind, wie man ihnen im Herbst im heimischen Garten helfen kann und wie man sich verhalten sollte, wenn man ein Tier im Winterschlaf entdeckt.18.09.2023 | 8:39 min
    Im Herbst herrscht besonders großer Flugbetrieb bei Fledermäusen. Das hat mehrere Gründe: Erstens fliegen auch die Jungtiere mit herum, die bis in den August noch in den Wochenstuben ihrer Mütter hingen. Zweitens müssen sich alle Flattertiere, egal ob jung oder alt, im Herbst in sehr kurzer Zeit einen großen Fettvorrat anfressen, um den langen Winterschlaf (von November bis März/Anfang April) zu überstehen.
    Und zusätzlich ist jetzt Paarungszeit. Die Befruchtung und die Entwicklung der Embryonen erfolgen aber erst mit dem Aufwachen im nächsten Frühjahr - nach fünf bis sechs Monaten Winterschlaf.

    • Fledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die im Laufe der Evolution das aktive Fliegen erlernt haben. Mit großem Erfolg: Weltweit gibt es geschätzt 1.450 Arten Fledermäuse, bei uns heimisch sind 25.
    • Für ein derart winziges Tier können Fledermäuse ziemlich alt werden: Über 20 Jahre schaffen etliche Arten, die älteste Fledermaus wurde sogar über 40 Jahre alt (eine Brandtfledermaus aus Sibirien). Unsere heimische Zwergfledermaus kann z.B. bis zu 16 Jahre alt werden.
    • Die Zwergfledermaus wiegt bei einer Körperlänge von ca. fünf Zentimetern nur fünf Gramm - und passt mit angelegten Flügeln somit in eine Streichholzschachtel. Ihre Flügelspannweite beträgt knapp 25 Zentimeter.
    • Die größte heimische Fledermaus-Art ist das Große Mausohr mit einem Gewicht von etwa 25 Gramm und etwa 40 Zentimetern Flügelspannweite - sie sind die typischen "Kirchturmbewohner". Zum Vergleich: Die größten tropischen Flughunde, Kalongs, haben eine Spannweite von bis zu 1,70 Metern und ein Gewicht von einem Kilogramm.
    • Fledermäuse sind in der Regel nachtaktiv, alle heimischen Arten ernähren sich fast ausschließlich von Insekten - eine Zwergfledermaus kann z.B. bis zu 500 Mücken pro Stunde fangen.
    • Fledermäuse sind hochsoziale Tiere, die oft in Gruppen zusammenleben. Es gibt aber auch Arten, die einzelgängerisch leben. Und auch die meisten Männchen der heimischen Arten leben die größte Zeit des Jahres alleine.

    Heimische Fledermäuse vom Aussterben bedroht

    Dieser Winterschlaf ist nötig, da es in der kalten Jahreszeit quasi keine Fluginsekten gibt, von denen sich die Fledermäuse ernähren. Eine Fledermaus kann je nach Art mehrere Tausend Insekten pro Nacht im Flug fangen.
    Aufgrund des fortschreitenden Insektensterbens wird das aber immer schwieriger für die Tiere, weswegen alle heimischen Fledermäuse auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten stehen.
    Hängende Fledermäuse
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    Verstecke für Fledermäuse werden rarer

    Man unterscheidet bei Fledermäusen zwei unterschiedliche Formen der Unterschlüpfe: Tagesquartiere und Winterquartiere. Im Tagesquartier verbringen Fledermäuse über Kopf hängend schlafend den Tag, bevor sie dann in der Dämmerung auf Jagd gehen.
    Hierfür eignen sich je nach Art Baumhöhlen, Felshöhlen oder -spalten, Ritzen im Mauerwerk oder Dachböden. Solche Versteckmöglichkeiten finden Fledermäuse immer seltener, da alte Bäume abgeholzt, Gebäude gedämmt und Höhlen geschlossen werden.
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    Gesucht: Ein-Zimmer-Appartement, frostfrei, dunkel - und leicht feucht

    Als Winterquartier eignen sich vor allem Höhlen, Gewölbekeller und Dachböden. Die Ansprüche der Fledermäuse sind dabei recht hoch: Das Winterquartier muss frostfrei, aber auch nicht zu warm (ungefähr drei bis neun Grad Celsius), leicht feucht, frei von Zugluft und vor allem ruhig sein. Zusätzlich ist es wichtig, dass sich die Fledermaus in dem Unterschlupf an einer möglichst rauen Fläche festklammern kann.
    Haben einige Fledermäuse "gute Erfahrungen" mit einem Winterquartier gemacht - also den Winter überlebt -, kommen häufig immer mehr Tiere dorthin, manchmal auch aus mehreren Arten.

    So können Rückzugsorte für Fledermäuse geschaffen werden

    Der Mensch kann Fledermäuse bei der komplizierten Wohnungssuche unterstützen und damit aktiv zum Artenschutz beitragen. In Gärten und an Häusern - bevorzugt an Häuserecken - können Fledermauskästen aufgehängt werden, die von den Flattertieren als Tagesquartiere genutzt werden, also nur in der warmen Jahreszeit als Unterschlupf dienen.
    Idealerweise hängt man diese im Herbst auf. Damit verlieren sie eventuell irritierende Gerüche über den Winter und stehen vor allem pünktlich zum ersten Ausflug der Fledermäuse im Frühjahr zur Verfügung.
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    Solche Fledermauskästen aus Holz oder Holzbeton kann man kaufen oder ganz leicht selbst bauen. Bauanleitungen findet man auf den Websites vieler Naturschutzverbände, beispielsweise beim Nabu.
    Wichtig: Der Kasten muss eine raue Landefläche besitzen, einen recht engen Einstiegsschlitz, keine Zugluft und Nässe zulassen sowie in etwa vier Metern Höhe hängen. Der Anflugbereich sollte dabei zudem frei von störenden Ästen und vor allem von Lichtquellen sein.




    Winterquartiere sind Mangelware

    Ein künstliches Winterquartier für Fledermäuse einzurichten, ist dagegen gar nicht so einfach. Geeignet sind vor allem nicht ausgebaute Dachböden oder Dachstühle von Ställen oder Schuppen.
    Sollte es keine Öffnungen geben, die den Fledermäusen als Eingang dienen können, gibt es inzwischen Möglichkeiten, diese auch bei einer Dachsanierung einzubauen. Sogenannte "Fledermausziegel" haben einen wettergeschützten Einstiegsschlitz für die Fledermäuse.
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    Beim Einzug von Fledermäusen Geduld haben

    Auf dem Dachboden selbst können Hausbesitzer dann einfach einen oder mehrere der üblichen Fledermauskästen (entsprechend den Kästen für Tagesquartiere) aufhängen, die aber eben "indoor" aufgehängt werden.
    Wer keinen geeigneten Dachboden besitzt, kann sich beispielsweise bei der Gemeinde oder Stadt informieren, ob es geeignete leer stehende Gebäude gibt. Der Bezug von neu angelegten Winterquartieren kann übrigens mehrere Jahre dauern - die Rückkehr der bedrohten Fledermäuse braucht Geduld.

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