Vor dem Pokal-Achtelfinale: Mutige Mainzer empfangen FCB

Es wird ein Anblick sein, der jedem Trainer gefällt: volle Ränge, prächtige Stimmung. Dazu Flutlicht und Live-Übertragung vor einem Millionenpublikum. Wenn der FSV Mainz 05 im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den FC Bayern (Mittwoch, 20.45 Uhr) antritt, hat Bo Svensson genau jenen Rahmen, den der Mainzer Fußballlehrer kürzlich als eine Erwartung fürs neue Jahr postulierte:

Da besteht bei den Rheinhessen nämlich durchaus Luft nach oben. Zuletzt beim Heimspiel gegen den VfL Bochum (5:2) blieben mehr als 10.000, zuvor gegen Borussia Dortmund (1:2) auch noch fast 2.000 Plätze in der 33.305 Zuschauer fassenden Arena am Europakreisel leer.

Eigentlich unverständlich, denn seit Svensson gemeinsam mit Sportdirektor Martin Schmidt und Vorstand Christian Heidel vor zwei Jahren bei einem abgeschlagenen Bundesliga-Schlusslicht die Verantwortung übernahm, haben die Nullfünfer schnell wieder zu ihrer DNA gefunden. Der selbst ernannte Karnevalsverein gibt längst wieder den Prototyp aus der soliden Mittelklasse - sportlich und wirtschaftlich stabil aufgestellt.

Der 43-Jährige Svensson hat in seinen 71 Bundesligaspielen immerhin 102 Punkte geholt (Torverhältnis 101:97) und würde sich seitdem in einem Ranking als Achter einordnen. Insofern gibt das Pokalspiel gegen den kriselnden Branchenprimus die Gelegenheit, dass die gute Arbeit auch mal außerhalb der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt wertgeschätzt wird.

Er freue sich auf eine "geile Herausforderung", Svensson weiter in der Pressekonferenz am Dienstag. Seine Herangehensweise: "Mut ist auf jeden Fall gefragt, aber das ist ein schmaler Grat. Wir wollen Mainz 05 gut repräsentieren - und den Fokus komplett auf uns legen."

Dass sein Ensemble die letzten zwei Heimspiele gegen die Bayern gewann - 2:1 im April 2022 und 3:1 im April 2021 - kann durchaus als gutes Omen gelten. "Wir haben damals Topspiele abgeliefert, und die Bayern hatten nicht ihren besten Tag."

Dass sich der Gegner am letzten Tag der Transferperiode mit João Cancelo ("Ein absoluter Weltklassespieler, einer der besten Außenverteidiger der Welt, überragend mit dem Ball", so Svensson) verstärke, sage alles über die Qualitäten.

Die Mainzer haben durch die Verpflichtung des 1,96 Meter großen Mittelstürmers Ludovic Ajorque (kam für sechs Millionen Euro von Racing Straßburg) mehr Optionen im Spiel nach vorne. Entschlossene Zweikampfführung, schnelles Umschalten: In seiner Spielphilosophie ist Svensson nahe bei seinen früheren Lehrmeistern Jürgen Klopp und Thomas Tuchel, auf die der Däne zwangsläufig immer wieder angesprochen wird.

Wie einst Tuchel sollte Svensson sein Verhalten gegenüber Schiedsrichtern noch verbessern, sonst ist er mit seinen Gelben Karten bald unerreicht weit vorne.

Dass es den impulsiven Bessermacher irgendwann zu größeren Vereinen zieht, ist nicht ausgeschlossen, aber vorerst hat sich Svensson bis 2024 gebunden. Er ist einer, der den ganzheitlichen Mainzer Ansatz umsetzt, der bei Transfers, beim Scouting, in der Analyse, beim Nachwuchsleistungszentrum und in der Kommunikation mitgeredet hat.

Seine Devise: "Die Bundesliga-Mannschaft ist ein Teil des Vereins." So dreht der ebenso empathische wie ehrgeizige Chefcoach eben auch an den Stellschrauben drumherum.

Bei Talententwicklung und Durchlässigkeit in den Profibereich gehört die Mainzer Nachwuchsabteilung zu einer der produktivsten in Deutschland. Bestes Beispiel ist Torhüter-Eigengewächs Finn Dahmen, der den weiterhin verletzten Stammkeeper Robin Zentner in 2023 bislang fehlerlos vertritt.

Dahmen bekam beim EM-Gewinn der deutschen U21 vor zwei Jahren das Vertrauen von Stefan Kuntz, obwohl er im Verein nur Ersatz war. Der 24-Jährige wird in Topform gebraucht, wenn es mit der Pokal-Sensation klappen soll.