Geschäftsmodell oder Fußballklub:Wohin führt der Weg des FC Chelsea?
von Ralf Lorenzen
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Chaos oder Strategie? Diese Frage stellt sich angesichts der Transferpolitik der US-Besitzer vom FC Chelsea immer mehr. Selbst eine ehemalige Reizfigur wird jetzt verklärt.
Der FC Chelsea provoziert. Besitzer Todd Boehly ist das Gesicht einer unvergleichlichen Transfer-Offensive, die ziemlich chaotisch wirkt. Wie sieht sein Masterplan aus?19.09.2024 | 16:34 min
Die rasante Geschwindigkeit, mit der sich der globale Fußball verändert, lässt sich wohl kaum besser als an der Geschichte vom FC Chelsea London illustrieren. Noch vor ein paar Jahren galt dessen damaliger Besitzer, der russische Oligarch Roman Abramowitsch unter Fans als Inbegriff des bösen Investors, der mit seinen Milliarden den fairen Wettbewerb torpediert. Heute erscheint dessen Wirken in anderem Licht.
FC Chelsea: Sportliches Mittelmaß
"Unter Abramowitsch war Chelsea ein Familienklub", sagt Jerome Mäser vom deutschen Chelsea-Fanklub German Blues in der aktuellen Folge der Sendung "Bolzplatz":
Abramowitsch hat geschaut, dass es allen im Klub gut geht, ihm war es nicht wichtig, wie viel Geld er verliert. Er wollte einfach, dass Chelsea gut performt, dass Chelsea Titel gewinnt. Für ihn war das mehr ein Statussymbol.
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Jerome Mäser vom deutschen Chelsea-Fanklub German Blues
Das Gegenstück zu diesem idyllisch anmutenden Bild stellen die heutigen Besitzer einer US-amerikanischen Investoren-Gruppe unter Führung des Private-Equity-Konzerns Clearlake Capital dar. Die hatte Chelsea im Mai 2022 gekauft, nachdem Abramowitsch den Klub wegen der Sanktionen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine abgeben musste. Seit der Mit-Investor Todd Boehly zum sportlichen Leiter an der Stamford Bridge geworden ist, geht es in der Berichterstattung fast nur noch um das Geschäftsmodell Chelsea. Sportlich ist der Klub im Mittelmaß verschwunden.
Wildwest-Investment und untrainierbarer Kader
"Das sind in der Regel klare Geschäftsmänner", sagt der Kapitalmarktexperte Oliver Roth im Bolzplatz. "Das hat aber auch mit der Struktur eines Private Equity Fonds zu tun, da geht es nicht um Gutmenschentum, da geht es um Rendite."
Aber steckt auch ein klarer Plan dahinter? Da gehen die Meinungen auseinander. Bei 1,3 Milliarden Euro Ausgaben, 172 Transfers und Leihen sowie sechs Trainer in zwei Jahren sprechen einige Experten wie Roth von einem "Wildwest-Investment". In diese Saison startete Chelsea mit einem untrainierbaren Kader von 40 Spielern. Der ist aufgrund der ausufernden Ausleihgeschäfte inzwischen zwar auf 30 Spieler gesunken, löst bei den Fans aber immer noch große Fragezeichen aus.
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Junge Spieler und langfristige Verträge
"Das ist wie eine Blackbox", sagt Mäser. Den Fans werde nicht aufgezeigt, wie dieser Weg zu welchem Ziel führen soll.
Wie funktioniert dieser Motor? Da werden die Chelsea-Fans aktuell sehr im Dunkeln gelassen.
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Jerome Mäser vom deutschen Chelsea-Fanklub German Blues
Es gibt allerdings auch Stimmen, die im augenblicklichen Handeln der Bosse eine Strategie erkennen können. Statt wie in der Abramowitsch-Ära auf Stars wie John Terry, Didier Drogba oder Michael Ballack zu setzen, werden vorwiegend junge Spieler gekauft, die später teurer wieder veräußert werden können. Mit 23,4 Jahren verfügt Chelsea aktuell über den jüngsten Kader der Premier League. Diese jungen Spieler werden größtenteils mit langfristigen Verträgen ausgestattet. So können die Transferausgaben auf einen langen Zeitraum verteilt werden, um die Vorgaben des Financial Fair Play einzuhalten.
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Machtkampf der Bosse und ein zu kleines Stadion
"Ich glaube, die Risiken und die Chancen sind hier nicht ganz ausbalanciert", sagt Mäser. "Ich sehe hier einfach höhere Risiken, indem Chelsea sich kaputt wirtschaftet." Auf jeden Fall blockiert diese Transferstrategie die Entwicklung des eigenen Nachwuchses in der Chelsea-Akademie. Zum augenblicklichen Chelsea-Blues kommt noch hinzu, dass unter den Investoren ein Machtkampf herrscht und das Stadion mit 40.000 Plätzen zu klein geworden ist.
"Ich glaube, momentan wäre es schon gut, wenn wir wieder aufgrund unserer sportlichen Leistung in den Schlagzeilen sind und nicht aufgrund von dem, was im Management und auf der Transferebene passiert", sagt Jerome Mäser. "Aber man muss vor sich selbst so ehrlich sein, dass die goldenen Zeiten vielleicht vorerst vorbei sind."
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